Der Zeuge

A tanú

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Detlef P.
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Der Zeuge

Beitrag von Detlef P. »

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Ungarn, 1969
Regie: Péter Bacsó
Darsteller: Ferenc Kállai, Lajos Öze, Béla Both, Zoltán Fábri, Lili Monori, Károly Bicskey, György Kézdy

"1969 erlebt der ungarische Film eine Sternstunde der politischen Satire: In spielerisch witzigem Ton verfolgt Péter Bacsó die ungewöhnliche Karriere des Damm-Arbeiters József Pelikán während der stalinistischen Rákosi-Ära. Pelikán wird dabei erwischt, wie er sein Hausschwein Desiree schlachtet und landet damit zum ersten von unzähligen Malen im Gefängnis. Aber schon bald ist er wieder auf freiem Fuß, wird erst Bademeister, später Wächter eines Vergnügungsparks bis er in einem Institut zur Erforschung von Orangen die allererste ungarische Orangenplantage ins Leben ruft. Orangen wachsen dort zwar keine, dafür "produziert" er eine Zitrone, die er den Pareiführenden mit den Worten "Sie ist zwar klein und bitter, dafür aber unsere eigene" präsentiert. Trotz der relativen kulturellen Entspannung der 1960er Jahre wurde Bacsós Film unmittelbar nach Abschluss der Produktion verboten und gelangte erst mehr als 10 Jahre später zu seiner ersten offiziellen Aufführung in Ungarn. Kritik und Publikum waren bei den Filmfestspielen in Cannes 1981 gleichermaßen begeistert, in Ungarn erreichte der Zeuge einen unvergleichlichen Kultstatus. Viele Textstellen aus dem Film, unter anderem die "Ungarische Orange", haben Ihren Weg in den allgemeinen Funduns an ungarischen Sprichwörtern gefunden." (www.filmkreis.de)

Ich hatte letztens die Ehre mir mal diesen ungarischen Klassiker zu Gemüte führen zu dürfen.
Ein wirklich sehr schöner, atmosphärischer Film, der hauptsächlich von seiner absurden, satirisch-überspitzten Situationskomik lebt und die damalige politische Ära ad absurdum führt.
Dabei spielen besonders die beißenden Dialoge eine große Rolle, die gerade vom Hauptdarsteller Ferenc Kállai perfekt vorgetragen werden. Ihm nimmt man die ganze schräge Situation tatsächlich ab, sodass man eigentlich nur die ganze Zeit kopfschüttelnd da sitzt und sich fragt, was wohl als nächstes passieren wird.
Der Film hat in Ungarn wohl ungefähr so einen Kultstatus wie bei uns "Die Feuerzangenbowle", wo ja auch viele Begriffe und Sprichworte in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen sind.


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Murillo
die graue Eminenz
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Re: Der Zeuge

Beitrag von Murillo »

Absolut geniales Meisterwerk!
Dieser Film ist eine bitterböse Gesellschaftsstatire und galt bereits zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung in Ungarn als absoluter Kultfilm, dessen Inhalte gerade von der älternen Generation immer wieder zitiert werden.
Detlef P. hat geschrieben: Fr 6. Dez 2013, 15:31 Der Film hat in Ungarn wohl ungefähr so einen Kultstatus wie bei uns "Die Feuerzangenbowle", wo ja auch viele Begriffe und Sprichworte in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen sind.
Ja, das ist wohl war. Wobei ich ihn eher mit "Die Spur der Steine" vergleichen würde, der in ähnlicher Weise das kommunistische Regime kritisierte.
Im Gegensatz zu diesem wurden "Der Zeuge" und seine Macher in Ungarn allerdings kaum mit Repessionen seitdens der Regierung bedacht.


"Wenn etwas klappt, ist es meistens nur Glück. Deshalb sollte man nie zuviel Ahnung von einer Sache haben" (alte japanische Programmiererweisheit)

Neulich im Waschsalon:
"Nachdem mir bereits "Network" sehr gut gefallen hat, gewinne ich langsam wirklich Respekt vor Sidney Lumet."
"Du unnützer nichtsbringender mittzwanziger Fliegenschiss bekommst "langsam" Respekt vor Sidney Lumet?"
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