Letztes Jahr in Marienbad

L'année dernière à Marienbad

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Detlef P.
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Letztes Jahr in Marienbad

Beitrag von Detlef P. »

Bild

F/I, 1961
Regie: Alain Resnais
Darsteller: Delphine Seyrig, Giorgio Albertazzi, Sacha Pitoëff

"Ein Mann (Giorgio Albertazzi) trifft in einem altmodischen Luxushotel eine verheiratete Frau (Delphine Seyrig). Er versucht sie davon zu überzeugen, dass sie sich ein Jahr zuvor hier verabredet haben, um zusammen ein neues Leben zu beginnen. Doch die Frau kann sich an nichts erinnern. Er beschwört ihre gemeinsame Vergangenheit, erinnert an die Affäre und die Momente, die sie miteinander verlebt haben. Die bruchstückhaften Erinnerungen überzeugen die Frau zunächst nicht, doch nach und nach kommen Zweifel auf - könnte der mysteriöse Mann tatsächlich recht haben? " (www.filmstarts.de)

Ich konnte gar nicht richtig glauben, dass ich diesen Film hier nie vorgestellt habe, als ich das Forum nach diesem durchsucht habe.
Das wird jetzt aber wirklich allerhöchste Zeit!
Schon ganze zehn Jahre, vielleicht sogar länger, ist es her, dass ich mir den Film ansah.
Und ich war absolut fasziniert von allem.
Angefangen bei der wunderschönen Bildästhetik und den geheimnisvollen Beschreibungen der Szenerie direkt zu Beginn des Films.
Da war mir sofort klar, dass es ein meditativer Film werden und ich ihn lieben würde.

Als die Handlung (wenn man das überhaupt so nennen kann) beginnt, beginnt auch das Rätselraten über die bestehende oder nicht bestehende gemeinsame Vergangenheit der Protagonisten, woraus letztendlich eine durch und durch philosophische Abhandlung über Suggestion, Selbstsuggestion und vor allem die Erinnerung wird.
Was passiert eigentlich, wenn wir uns entweder der Erinnerung an die Vergangenheit verweigern oder uns tatsächlich nicht mehr an die Vergangenheit erinnern können?
Macht die Vergangenheit - also das Erlebte - nicht einen großen Teils des Menschseins, speziell unserer eigenen Menschlichkeit und Persönlichkeit aus?
Denn ohne sie, wären wir nicht die Person, die wir heute sind.
Und was ist, wenn uns jemand eine Erinnerung an die Vergangenheit, die es gar nicht gab, suggerieren kann, obwohl das Beschriebene niemals passiert ist?

All das wird hier auf absolut unnachahmliche Art und Weise zu einem einzigen, großen Mysterium stilisiert, welches in sagenhafte Bildkompositionen getaucht wurde.
Das klingt alles total verkopft und staubtrocken, ist aber wahnsinnig fesselnd und beeindruckend.
Nicht umsonst hat der Film bei den Filmfestspielen in Venedig den Goldenen Löwen gewonnen und sogar eine Oscar-Nominierung für das beste Drehbuch erhalten.
Und das für einen Film, in dem eigentlich nichts passiert und nur geredet wird.
Ein unglaubliches Meisterwerk! :huld:


"Willst Du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten." (chin. Sprichwort)

"Die Seele ist das Schiff, Vernunft das Steuer und Wahrheit der Hafen." (türk. Weisheit)

"Der größte Feind des Wissens ist nicht Unwissenheit, sondern die Illusion, wissend zu sein." (Daniel J. Boorstin)

Wenn "2010" die Fortsetzung zu "2001" sein soll, dann ist "Sieben" das Prequel zu "8½". (Ich)

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Murillo
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Re: Letztes Jahr in Marienbad

Beitrag von Murillo »

Du hattest mich schon bei "Handlung (wenn man das überhaupt so nennen kann)". :lach:
Aber im Ernst: das klingt wirklich saugeil. Den muss ich mir unbedingt mal ansehen.


"Wenn etwas klappt, ist es meistens nur Glück. Deshalb sollte man nie zuviel Ahnung von einer Sache haben" (alte japanische Programmiererweisheit)

Neulich im Waschsalon:
"Nachdem mir bereits "Network" sehr gut gefallen hat, gewinne ich langsam wirklich Respekt vor Sidney Lumet."
"Du unnützer nichtsbringender mittzwanziger Fliegenschiss bekommst "langsam" Respekt vor Sidney Lumet?"
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Detlef P.
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Re: Letztes Jahr in Marienbad

Beitrag von Detlef P. »

Glaub mir Baby, Du würdest tierisch drauf stehen... also vermutlich :mrgreen:


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