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Irreversibel

Verfasst: Sa 19. Nov 2005, 13:59
von Detlef P.
[img]http://www.online-videothek.eu.com/Images/29038.jpg[/img]

F 2002
Regie: Gaspar Noé
Darsteller: Albert Dupontel, Vincent Cassel, Monica Bellucci

"Wir befinden uns im Rektum, einem Pariser Sadomaso-Club, in dem gerade ein Mann einen anderen mit einem Feuerlöscher totschlägt. Immer wieder lässt er das Gerät auf dessen Gesicht krachen, püriert es. Gezeigt wird dies in einer langen, detaillierten Kameraeinstellung. Der Mann mit dem Feuerlöscher (Albert Dupontel) glaubt, den Schänder seiner Frau (Monica Bellucci) zu töten. Auch deren anale Vergewaltigung zeigt der Film in quälender neunminütiger Länge.
"Irreversibel" erzählt diese Geschichte einer Rache rückwärts, beginnt mit dunklen Handkamerabildern, die die Suche des Ehemannes und des Ex-Freundes (Vincent Cassel) nach dem Täter zeigen, und findet dann zu helleren, ruhigeren Sequenzen aus der Zeit vor dem Verbrechen.

Bei den Filmfestspielen in Cannes verließen Zuschauer während der Ekel erregenden Gewaltszenen zuhauf den Saal. Zutiefst verständlich, denn Regieprovokateur Gaspar Noé ("Carne") muss sich durchaus den Vorwurf des Voyeurismus gefallen lassen. Nicht ohne Grund kursiert eine Raubkopie der Vergewaltigungssequenz unter der Beschreibung "geiler Arschfick-Gewaltporno" im Internet.

Dennoch: Noés Film ist keineswegs ohne Qualität, sondern dramaturgisch hochinteressant und durchweg brillant gespielt. Zudem gibt er Denkanstöße über Vorherbestimmung, Schicksal und vermeintliche Sicherheit. Und so hätte "Irreversibel" ohne die haarsträubende Gewalt ein Meisterwerk werden können - vielleicht hätte es ihm dann aber auch an jener Explosivität gemangelt, die eine gesellschaftliche Debatte erst auslöst." (www.cinema.de)

Ein definitiv äußerst unbequemer Film der sich keinesfalls als Film für zwischendurch eignet.
Zu Beginn hat mich auch bei diesem Film, wie bei "Der Menschenfeind" die Effekthascherei erheblich gestört.
Die Kamera macht irgendwelche scheinbar ungelenkte Fahren die mit nerviger Musik unterlegt sind was vermutlich eine Art Unruhe beim Zuschauer herbeiführen soll bei mir aber nur für quälende Langeweile gesorgt hat.
Glücklicherweise legt sich dieses Effekthascherische im Laufe des Films, sodass man sich mehr auf das Geschehen und die Figuren konzentrieren kann.

Besonders heftig, aber auch besonders prägnant ist hier natürlich die fast zehnminütige anale Vergewaltigungssequenz, die komplett ohne Musik, ohne Schnitt und ohne Kamerafahren auskommt.
Man ist ganz einfach allein mit den Figuren und der Situation und muss damit zurecht kommen.
Dafür muss ich Noé ein Lob aussprechen, er hat diese Szene wirklich frei von Effekthascherei inszeniert was auch der einzig richtige Weg gewesen ist.
So entwickelt die ganze Szene eine unangenehm verstörende Eigendynamik. Mann kommt einfach nicht los von dem Geschehen, man muss einfach hinsehen, auch wenn man die Schmerzen schon förmlich am eigenen Körper zu spüren glaubt.

Die Szenen die dann folgen sind ruhiger, aber nicht ohne bitteren Beigeschmack.
Man wird durch die Gespräche und Handlungen immer wieder an das bereits gesehende Ereignis erinnert was auf die Protagonisten noch zukommen wird.
Am Ende wird man mit einer merkwürdigen und beunruhigenden Sequenz aus dem Film entlassen.
Man hat es hinter sich gebracht, aber die Bilder bleiben.

Insgesamt gesehen hat der Film definitiv interessante Ansätze und durchaus faszinierende Sequenzen.
Andererseits strotzen einige Szenen nur so von Effekthascherei und drastischer Gewaltdarstellung, sodass ich hier, genau wie bei "Der Menschenfeind" sehr unentschlossen zurückbleibe.

Verfasst: Sa 19. Nov 2005, 18:44
von Murillo
Ein sehr beeindruckender Film, bei dem ich gerade auch die kranke Machart (mit dem Handkamerageschwenke und der Musik) sehr faszinierend fand.
Unter "Effekthascherei" verstehe ich persönlich etwas anderes, aber das ist ein anderes Thema.

Ein paar Szenen (vor allem die mit dem Feurerlöscher und die Vergewaltigung) brennen sich regelrecht in das Gehirn ein und geraten deshalb nur sehr schwer in Vergessenheit. Die Umsetzung ist wirklich atemberaubend.

Verfasst: So 20. Nov 2005, 00:49
von Naota
Schwieriger Film. Sehr schwieriger, sehr harter, ja, sogar sehr effektreicher Film. Aber in meinen Augen ein wirkich genialer Film. Ein Film, der an den Nerven zerrt, einen bis zum Ende hin in einem Alptraum gefangen hält. Dazu diese geniale Erzählweise, die traumhafte klassische Musik und die gar hypnotischen Kamerafahrten. Also ich bin mehr als begeistert von dem Film, auch wenn es wohl 1 1/2 der grausamsten Stunden waren, die ich je vor dem Fernseher verbracht habe.