Sidney Lumet

Die größten Meister, die größten Nieten, ihre Filme, ihre Leben.

Moderator: Detlef P.

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Detlef P.
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Sidney Lumet

Beitrag von Detlef P. »

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"Ein Einzelner muss sich gegen die Vorurteile und schnell gebildeten Aburteilungsmechanismen von Freunden und Gesellschaft zur Wehr setzen und sich in mühsamen Argumentations- und Bewusstseinsprozessen zu Entscheidungen durchringen, die seine Existenz bedrohen oder vernichten können, wobei er mal erfolgreich ist, mal untergeht. Das ist das Generalthema des Regisseurs Sidney Lumet (geboren 1924 in Philadelphia), der lange für das Fernsehen arbeitete, bevor er mit dem Welterfolg „Die zwölf Geschworenen“ 1957 als Regisseur debütierte. Henry Fonda spielte in dem fast nur in einem Raum spielenden Film den Geschworenen, dem an der Wahrheit gelegen ist, und der gegen die Gleichgültigkeit und Übermacht der anderen den Tathergang beharrlich rekonstruiert und alle auf seine Seite zieht. Der mehrfach „Oscar“- nominierte Film blieb programmatisch für Lumets Schaffen, in dessen Zentrum Polizeifilme stehen, die von „Sein Leben in meiner Gewalt“ (1972) über „Serpico“ und „Hundstage“ (beide mit Al Pacino), „Prince of the City“, über „Strangers“ (mit Melanie Griffith) bis zu „Nacht über Manhattan“ (mit Andy Garcia und Ian Holm) die Themen von liberalem Rechtsstaat, Korruption und fataler Meinungsbildung aufgreifen.

Lumets circa 40 Filme zeichnen sich durch überdurchschnittliche Schauspielerleistungen, makellose Kameraführung und außergewöhnlich hohen produktionstechnischen Standard ohne dominierende Tricktechnik aus. Sie sind Dialog-Filme, die das Filmische nicht vernachlässigen, und sie sind einschließlich intensiver Proben bis ins Detail vorausgeplant, so dass sich die Produktionszeit verkürzt. Lumet hatte sich im Lauf der Jahre den Final Cut, die Endfassung der Montage, und die definitive Drehbuchfassung seiner Filme erkämpft, die zwar „Problemfilme“ sind, aber durch ihre filmische Auflösung von Szenen den Begriff erheblich ausweiten. Mehrfach arbeitete Lumet mit Sean Connery, so in „Ein Haufen toller Hunde“ (über ein Strafgefangenenlager in der Wüste), „Der Anderson-Clan“ (mit Connery als Einbrecher), „Sein Leben in meiner Gewalt“ (Connery als sexualneurotischer Polizist) und „Mord im Orient-Express„, einer Agatha-Christie-Verfilmung mit Star-Besetzung. Lumets größter Erfolg wurde die TV-Satire „Network“, in dem im Kampf um Quoten ein Moderator (Peter Finch) vor laufender Kamera erschossen wird. Lumet arbeitete, bis auf den in Hollywood entstandenen Thriller „Der Morgen danach“ (mit Jane Fonda und Jeff Bridges), als unabhängiger Filmemacher hauptsächlich in New York oder an der Ostküste (der Gerichtsfilm „The Verdict„, mit Paul Newman, spielt in Boston).

Mehrfach setzte sich Lumet mit der Rolle von politischen Außenseitern („Daniel“, „Running on Empty“, mit River Phoenix als Sohn von Aktivisten der 60er, die nicht wieder ins bürgerliche Leben finden) auseinander. Frauen, die in den Polizeifilmen nur am Rande eine Rolle spielen, stehen im Mittelpunkt der Filme „Jenseits der Unschuld„, „Die Göttliche“, „Sag‘ mir, was du willst“ und „Gloria“ (Sharon Stone im Remake des Klassikers von John Cassavetes). 1995 veröffentlichte Lumet mit „Filme machen“ ein Buch über seine Arbeitsmethoden, das intensive Einblicke in seine kreativen Prozesse und künstlerischen Vorstellungen gibt. Im April 2011 starb Sidney Lumet im Alter von 86 Jahren an de Folgen einer Lymphknotenerkrankung." (www.kino.de)

Filmographie:

1957: Die zwölf Geschworenen (12 Angry Men)
1958: Eines Tages öffnet sich die Tür (Stage Struck)
1959: So etwas von Frau! (That Kind of Woman)
1959: Der Mann in der Schlangenhaut (The Fugitive Kind)
1961: Blick von der Brücke (Vu du Pont)
1962: Long Day’s Journey into Night
1964: Der Pfandleiher (The Pawnbroker)
1964: Angriffsziel Moskau (Fail-Safe)
1965: Ein Haufen toller Hunde (The Hill)
1966: Die Clique (The Group)
1966: Anruf für einen Toten (The Deadly Affair)
1968: Bye Bye Braverman
1968: Die Möwe (The Sea Gull)
1969: Ein Hauch von Sinnlichkeit (The Appointment)
1970: Blutsverwandte (Last of the Mobile Hot Shots)
1970: Dann war mein Leben nicht umsonst – Martin Luther King (King: A Filmed Record… Montgomery to Memphis)
1971: Der Anderson Clan (The Anderson Tapes)
1972: Child’s Play
1973: Sein Leben in meiner Gewalt (The Offence)
1973: Serpico
1974: Lovin' Molly - Aus Liebe zu Molly (Lovin' Molly)
1974: Mord im Orient-Expreß (Murder on the Orient Express)
1975: Hundstage (Dog Day Afternoon)
1976: Network
1977: Equus – Blinde Pferde (Equus)
1978: The Wiz – Das zauberhafte Land (The Wiz)
1980: Sag mir, was Du willst (Just Tell Me What You Want)
1981: Prince of the City
1982: Das Mörderspiel (Deathtrap)
1982: The Verdict – Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit (The Verdict)
1983: Daniel
1984: Die Göttliche (Garbo Talks)
1986: Power – Weg zur Macht (Power)
1986: Der Morgen danach (The Morning After)
1988: Die Flucht ins Ungewisse (Running on Empty)
1989: Family Business
1990: Tödliche Fragen (Q & A)
1992: Strangers (A Stranger Among Us)
1993: Jenseits der Unschuld (Guilty as Sin)
1997: Nacht über Manhattan (Night Falls on Manhattan)
1997: Critical Care - Sterben und erben (Critical Care)
1999: Gloria
2006: Find Me Guilty – Der Mafiaprozess (Find Me Guilty)
2007: Tödliche Entscheidung – Before the Devil Knows You're Dead (Before the Devil Knows You're Dead)

Yeah, nachdem einige Leute hier im Forum mit der Zeit langsam Respekt vor Sidney Lumet bekommen haben, möchte ich dafür sorgen, dass vielleicht noch ein paar mehr Leute diesen Prozess etwas schneller durchlaufen :mrgreen:
Mir ist gerade beim Schreiben seiner Filmographie nochmal aufgefallen, wie viele verdammt geile Filme der Kerl gemacht hat und vor allem, wie viele ich davon bereits gesehen habe.
Klar hat man immer die wichtigsten paar Filme parat, wie "Die 12 Geschworenen", "Network", "Hundstage", "Mord im Orient-Express" oder "Serpico".
Aber, verdammt, dass er tatsächlich derjenige war, der in "Sein Leben in meiner Gewalt" eine der allergroßartigsten Leistungen aus einem Sean Connery herausgeholt hat, die er je auf der großen Leinwand zu zeigen vermochte.
Oder dass er dasselbe in "Find Me Guilty" mit einem Vin Diesel geschafft hat. Wow, absoluter Wahnsinn!
Wenn ich daran erinnert werde, bekomme ich nur noch mehr Respekt vor ihm, als ich ohnehin schon hatte :respect:
Ich habe gerade mal durchgezählt und ich kenne insgesamt sieben Filme von ihm. Bereits genannte (minus "Serpico" der aber schon seeeehr lange auf meiner Liste steht :oops: ) und "Family Business", der jetzt nicht so besonders war, aber trotzdem noch einigermaßen unterhalten hat.
Auf meiner Liste habe ich neben "Serpico" noch "The Verdict", "Angriffsziel Moskau", "Ein Haufen toller Hunde" und "Die Flucht ins Ungewisse".
Und wenn ich mir die Filmographie nochmal angucke, würde ich tatsächlich am liebsten noch mehr drauf setzen.
Ein extrem bemerkenswerter Regisseur, der handwerklich immer großartige Arbeit gemacht und aus den Schauspielern immer das absolute Maximum herausgeholt hat :huld:


"Willst Du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten." (chin. Sprichwort)

"Die Seele ist das Schiff, Vernunft das Steuer und Wahrheit der Hafen." (türk. Weisheit)

"Der größte Feind des Wissens ist nicht Unwissenheit, sondern die Illusion, wissend zu sein." (Daniel J. Boorstin)

Wenn "2010" die Fortsetzung zu "2001" sein soll, dann ist "Sieben" das Prequel zu "8½". (Ich)

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Murillo
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Re: Sidney Lumet

Beitrag von Murillo »

Ich kenne zwar nur 3 Filme von Sidney Lumet, aber die waren alle echt großartig. Mittlerweile habe ich schon ziemlich großen Respekt vor diesem Regisseur.
"Serpico" habe ich noch auf meiner Liste und hoffe, diesen bald sehen zu dürfen.
In diesem Sinne: :huld: :huld: :huld:


"Wenn etwas klappt, ist es meistens nur Glück. Deshalb sollte man nie zuviel Ahnung von einer Sache haben" (alte japanische Programmiererweisheit)

Neulich im Waschsalon:
"Nachdem mir bereits "Network" sehr gut gefallen hat, gewinne ich langsam wirklich Respekt vor Sidney Lumet."
"Du unnützer nichtsbringender mittzwanziger Fliegenschiss bekommst "langsam" Respekt vor Sidney Lumet?"
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