
1. All eure Gesichter
Es ist wirklich unglaublich, dass das der Film war, der mein allerletzter Kinofilm des Jahres werden sollte.
Denn auf so einen Film habe ich das ganze Jahr über gewartet.
Eine glasklar durchdachte Inszenierung, spitzenklasse Schauspieler und obwohl eigentlich die ganze Zeit über nur geredet wird, ist man zwei Stunden lang wie gebannt.
Wie ich bereits vor kurzem in meiner Filmvorstellung schrieb, war ich nach dem Film körperlich richtig erledigt, weil ich die komplette Laufzeit über so angespannt war.
Zudem ist es einer der ganz wenigen Filme, die es wirklich geschafft haben, mich zu Tränen zu rühren.
Großartiges, französisches Kino über ein wirklich interessantes und auch schwieriges Thema, welches aber sehr ausgewogen erzählt wird und zudem auch noch einen verhältnismäßig positiven Ausklang hat.
Und ich hoffe nach wie vor, dass mein Jahresfavorit einige Wellen bei den Césars im Februar schlagen wird.
2. The Whale
Wer hätte vor ein paar Jahren noch gedacht, dass Brendan Fraser mal so ein grandioses Comeback feiern würde?
Darren Aronofsky scheint ja fast so ein gutes Händchen bei der Reaktivierung von Altstars zu haben wie Tarantino. Neben Frasers Performance stechen vor allem die nüchterne Inszenierung und natürlich der tolle, restliche Cast hervor, wobei mich eigentlich sogar Sadie Sink am meisten überrascht hat, da ich ihr vorher nicht unbedingt zugetraut hätte, neben Fraser so gut bestehen zu können.
Zudem finde ich es klasse, wie viel Mitgefühl Aronofsky seiner Hauptfigur entgegenbringt.
Man hat als Zuschauer nicht einmal das Gefühl, dass diese - trotz des "grotesken" Aussehens - vorgeführt werden soll.
Schön, dass ein eigentlich kleiner Film so viel großes bewirken kann.
3. Barbie
Ja, auch ich hatte diesen Sommer meine "Barbenheimer"-Erfahrung im Kino - zumindest fast.
Und während der andere Film, der Teil dieses Portmanteaus ist, leider nur bei den Nachrückern auftaucht, hat sich "Barbie" mit dieser unfassbaren Fülle an Kreativität und der wirklich gelungenen satirischen Ausrichtung (auch wenn die wohl nicht bei allen angekommen sein mag) diese Platzierung zu Recht erkämpft.
Da der Film von Greta Gerwig mitgeschrieben und inszeniert wurde, ist das aber auch nicht wirklich ein Wunder.
Trotzdem super, dass der Film genau so geworden ist und Mattel sich nicht dagegen ausgesprochen hat.
Allerdings ist es schade, dass auf Grund des großen Erfolges natürlich bereits alle möglichen weiteren Spielsachen einen eigenen Film bekommen sollen.
Das soll die grandiose Leistung, die "Barbie" vollbracht hat, jedoch nicht schmälern.
Ach so, Margot Robbie und Ryan Gosling waren übrigens absolut umwerfend und man hätte die Rollen nicht perfekter besetzen können.
4. Elaha
Eigentlich ist das sogar fast die größte Überraschung des Jahres für mich.
Und auch hier hoffe ich, dass der Film bei den kommenden Lolas die Aufmerksamkeit bekommen wird, die er verdient hat.
Im Kino war er wohl kein allzu großer Erfolg, was man sich bei dem sperrigen Thema aber schon hätte denken können.
Dabei wird dieses wirklich facettenreich aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet.
Außerdem wird es zwar völlig kompromisslos, aber zugleich auch sehr feinfühlig behandelt.
Abschließend bleibt eigentlich nur noch zu sagen, dass der Film für die Hauptdarstellerin Bayan Layla vermutlich Tür und Tor aufgestoßen hat.
Zumindest hoffe ich das sehr für sie, denn verdient hätte sie es nach dieser Performance allemal.
5. Tár
Eine famose Leistung von Cate Blanchett in einem Film, der an famosen Leistungen wahrlich nicht arm ist.
Aber mit ihr steht und fällt dieser nicht unkontroverse Beitrag über eines der zeitaktuellsten Themen der letzten Jahre: Machtmissbrauch.
Dieses ganz langsame aber sichere Entgleisen der Titelrolle ist so detailreich und dadurch so intensiv festgehalten, dass man es mit Worten gar nicht beschreiben kann.
Das ist, neben Blanchetts Powerhouse-Performance, vor allen auch der präzisen Regie zu verdanken, die zwar oberflächlich alles ruhig erscheinen lässt, es darunter aber ordentlich brodeln lässt.
Ich liebe es, wenn jemand sich traut so ein Thema anzufassen und sich dabei nicht verzettelt.
Dann kommt nämlich so ein unbequemer aber nachhallender Knaller wie dieser bei heraus.
6. No Hard Feelings
Wahnsinn, bei dem Ding habe ich mich an einigen Stellen kaputt gelacht.
Für mich eine der besten Komödien der letzten Jahre, da hier auf so tolle Art sogar eine gewisse Ernsthaftigkeit unter die zum Teil brüllend komischen Situationen gemischt wird und es am Ende tatsächlich voll aufgeht.
Eine auch hier richtig gute Jennifer Lawrence (die vor kurzem sogar dafür für einen Golden Globe nominiert wurde) und der Newcomer Andrew Barth Feldman stemmen mit ihren tollen Darbietungen und der nicht zu fälschenden Chemie den Film beinahe alleine.
Aber natürlich weiß auch Regisseur Gene Stupnitsky genau, wie weit er mit seinen Zoten gehen kann und hat ein wahres Händchen für Tempo und Timing.
Ein rundum gelungener Unterhaltungsfilm!
7. Scream VI
Auch wenn er nicht ganz an den herausragenden Vorgänger anknüpfen kann, ist auch dieser Beitrag zum langlebigen Horror-Franchise mehr als gekonnt.
Melissa Barrera macht sich so gut als Hauptfigur, dass man es wirklich nur bedauern kann, dass sowohl sie als auch ihre ebenfalls wunderbare Co-Darstellerin Jenna Ortega im kommenden Teil nicht mehr dabei sein werden.
Auch die Spannungsmomente werden wieder gut ausgereizt und dadurch, dass der Film wohl der bisher brutalste der Reihe ist, kommt so ein rohes "Es kann alles passieren"-Gefühl auf, was der Spannung wirklich guttut.
Falls sie es - trotz der fehlenden Hauptdarstellerinnen - auf dem Niveau weiterführen können, bin ich definitiv bereit für Teil 7.
8. Mission Impossible: Dead Reckoning Teil 1
Auch wenn er den, meiner Ansicht nach, immer noch besten Teil "Phantom-Protokoll" nicht vom Thron stoßen konnte, so landet er beim Ranking innerhalb der Reihe auf einem verdienten zweiten Platz.
Der Neuzugang Hayley Atwell fügt sich so toll in die Handlung und in das bestehende Team ein, dass man überhaupt nicht merkt, dass sie vorher noch gar nicht dabei war.
Das Thema an sich ist aktuell und interessant und Cruise dreht in seiner Paraderolle wieder voll auf und zeigt uns nach wie vor beeindruckende Stunts.
Der absolute Höhepunkt ist aber die Zugszene im Finale, die bei mir im wortwörtlichen Sinne zu einem "Edge of your Seat"-Moment geführt hat.
Ich bin sehr gespannt, wie die Geschichte mit dem achten und voraussichtlich letzten Teil (zumindest mit Cruise am Steuer) aufgelöst wird.
9. Nimona
Ein so toll durchdachter Animationsfilm, der in diesem Jahr tatsächlich das einzige Streaming Original in meiner Top 10 darstellt.
Leider ist die Netflix-Produktion aber ein bisschen untergegangen fürchte ich.
Dabei ist der Film wirklich mal originell, zudem an manchen Stellen richtig witzig und hat eine unfassbar tolerante Botschaft, die aber zu keiner Zeit aufgezwungen wirkt.
Außerdem hauen einen die rasante Animation und einige Wendungen regelrecht von den Socken.
Das ultimative Sahnehäubchen sind dann die wunderbar liebenswerten Charaktere, die einen dann allerspätestens gefangen nehmen.
Immer wieder erstaunlich, dass Netflix neben all dem Mist auch manchmal richtige Hammerdinger im Portfolio hat.
10. Killers of the Flower Moon
Wäre der Film etwas zügiger erzählt worden, würde er wohl weiter oben in der Liste stehen.
Und damit meine ich nicht, dass man Szenen hätte rauskürzen sollen. Denn ich wüsste keine, bei der ich mir gewünscht hätte, sie wäre nicht da.
Ich wollte sagen, dass das Erzähltempo doch etwas hätte angezogen werden können. Das hat nämlich zum Teil doch ein wenig den Drive rausgenommen.
Alles andere passt hier jedoch wie Arsch auf Eimer.
Aufwendige Regie, absolut geniale Darsteller und eine unglaubliche Geschichte, die jedoch auf Tatsachen beruht, was man wohl kaum glauben würde, wenn man es nicht wüsste.
Und die vollständig unbekannte Lily Gladstone brilliert neben einem DiCaprio und DeNiro, als hätte sie ihr ganzes Leben nie etwas anderes gemacht und dürfte nach dieser intensiven Glanzvorstellung ganz klar eine große Karriere vor sich haben.
Ebenfalls gut waren:
Das Lehrerzimmer
Suzume
Oppenheimer
Still: A Michael J. Fox Movie
Die Aussprache
Elemental
Thanksgiving
Totally Killer
Größte Überraschung des Jahres:
Eigentlich war das ja schon "Elaha", wie ich oben erwähnte.
Allerdings muss ich hier einfach das Ende von "The Quiet Girl" erwähnen, das mich wirklich dermaßen überwältigt hat, nachdem der Film doch recht langweilig anfing.
Aber mit jeder Minute wurde er immer interessanter und wenn mir zu Beginn jemand gesagt hätte, dass ich beim Finale derartig emotional mitfiebern würde, hätte ich es im Leben nicht geglaubt.
Und was lernen wir daraus?: Filme immer bis zum Ende gucken. Manchmal wird man wirklich absolut positiv überrascht wie in diesem Fall.
Größte Enttäuschung des Jahres:
Ich hatte tatsächlich kurz überlegt, ob das nicht Finchers "Der Killer" gewesen ist, aber da hatte ich ja im Vorfeld bereits mit gerechnet, dass der eher enttäuschend wird - zumindest gemessen an Finchers bisherigen Werken. Daher zählt das definitiv nicht!
Auch bei "Asteroid City" von Wes Anderson hatte ich jetzt nicht die allerhöchsten Erwartungen, obwohl ich eine gewisse Enttäuschung trotzdem nicht absprechen kann.
Selbst "The Banshees of Inisherin" ist es nicht, obwohl der es eigentlich fast verdient hätte.
Nein, es ist tatsächlich "Hinter den Fassaden"!
"Hä, wat'n dat'n?" höre ich da einige elegant fragen. Und das sogar zurecht.
Hierbei handelt es sich um den griechischen Oscar-Vorschlag für 2024 und ich finde es echt stark, dass arte den tatsächlich vor ein paar Wochen gezeigt und danach für eine Woche in die Mediathek gestellt hat.
Geiler Service so einen ganz aktuellen Film dem deutschen Publikum zugänglich zu machen und vielen Dank an den Sender dafür.
Leider war der Film an sich total uninteressant, sodass die ohnehin gar nicht mal sonderlich hohen Erwartungen locker unterboten wurden.
Und wenn das dann nicht die Enttäuschung des Jahres sein soll, dann weiß ich auch nicht.
So Freunde, das war es für dieses Jahr.
Und ich möchte abschließend unbedingt noch was loswerden.
Ich war in diesem Jahr das erste Mal seit langer Zeit endlich mal wieder richtig oft im Kino, weil so viele interessante Sachen liefen.
Insgesamt war ich 30 Mal im Kino, was seit 2016 nicht mehr der Fall war (wobei es 2017 trotzdem 29 Filme waren).
Zudem habe ich auch noch 7 Streaming Originals gesehen, sodass ich in diesem Jahr auf insgesamt 37 Filme komme und damit sogar meinen Rekord von 2004 schlage, wo ich 36 neue Filme sehen konnte.
Allerdings habe ich die damals auch alle im Kino gesehen, von daher ist das Jahr, was Kinobesuche angeht, immer noch unübertroffen.
Tja, das war es dann auch wirklich für 2023.
Und 2024 kann dann auch gerne kommen

