Volands Avanti, Avanti!

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Moderator: Damien3

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Voland
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Volands Avanti, Avanti!

Beitrag von Voland »

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Ich schäme mich, denn ich verspürte Enttäuschung bei diesem Film. Weshalb enttäuscht? Aus mehreren Gründen sogar, die aber den Film keineswegs schlecht machen.

Der Hauptgrund meiner Enttäuschung lässt sich wohl darauf zurückführen, dass ich den Film nicht als Wilder erkannt hätte, wenn ich nicht wüsste, wer ihn gedreht hat. Er ist so anders als die "normalen" Filme von Billy Wilder. Dieser Unterschied ist auch für den zweiten Grund meiner Enttäuschung ausschlaggebend.
Eine Welt ist über mir zusammengebrochen, ich konnte meinen Augen nicht trauen. Nacktes Fleisch in einem Film von Billy Wilder? Billy Wilder, der Meister der unterschwelligen Erotik und Zweideutigkeit - hatte er so etwas nötig? War er denn schon ein alter Geilspecht geworden?

Würde man all meine Gefühle der Enttäuschung bei diesem Film analysieren, so würde man schlussfolgern können, dass ich trotzig war. Und das war ich, weil mir Wilder eine Finte geschlagen hat, indem er plötzlich ganz andere (aber nicht schlechtere Filme!) macht. Ich liebe die Filme von Billy Wilder und plötzlich gibt es da noch eine andere Art von Wilder-Filmen. Und sogar diese mag ich sehr gerne.

Einige Elemente deuten auf Billy hin - wenn man weiß, dass er dafür verantwortlich ist. Der Film hat mich dazu gebracht, die Filmographie des Regisseurs zu überprüfen. Mich würde interessieren, ob ich noch mehr Filme aus der Zeit von "Avanti, Avanti!" kenne.
So, ich kenne sogar Filme aus dieser Zeit. Jedoch ist mir "Extrablatt" nicht mehr sehr geläufig und von "Das Privatleben des Sherlock Holmes" war ich ebenso verwirrt. Denn auch dieser Film war deutlich von den anderen Filmen zu unterscheiden. Sein Spätwerk, ein anderes Werk?

Ich glaube, dass Billy Wilder mit der Zeit gegangen ist. Die Menschen wurden offener und schienen dadurch das Gefühl für unterschwelligen Humor oder Erotik verloren zu haben. Man musste draufhauen, provozieren. Und genau das tut Billy Wilder in diesem Film. Er zeigt die Hauptdarstellerin nackt - wüsste nicht, wann er überhaupt mal eine Person nackt gezeigt hat. Nebenbei bemerkt sieht die Frau sogar ziemlich gut aus.
Aber diese Nacktheit ist nicht die einzige Provokation. Nein, die Worte die er benutzt unterscheiden sich ebenso sehr von seinen Klassikern wie "Manche mögens heiß".
Auch ist der Film fröhlicher und direkter als seine anderen Filme. Obwohl das ebenso Komödien sind - ein Teil zumindest.

Ich bin also enttäuscht, dass Billy Wilder seiner Linie nicht so treu blieb - als reine Trotzreaktion. Andererseits bin ich aber positiv berührt, dass ich nun zu meinem Komödien- und Dramen-Wilder noch den New Wave-Wilder hinzuzählen kann.
Ein beeindruckender Regisseur, der all seiner Brillanz einfach kein Ende setzen konnte - glücklicherweise!

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Juliet Mills spielt die wohl liebenswerteste Figur in Billy Wilders Werk. Durch ihre Aussagen bezüglich Gewicht, Figur und ihrer Liebe zu Jack Lemmon spielt sie sich tatsächlich in die Herzen der Zuschauer. Sie wirkt so schrecklich natürlich und es ist sehr schön den beiden bei ihrem Spiel zuzusehen.


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