L.A. Confidential

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Detlef P.
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L.A. Confidential

Beitrag von Detlef P. »

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USA 1997
Regie: Curtis Hanson
Darsteller: Guy Pearce, Russell Crowe, Kevin Spacey, Kim Basinger, James Cromwell, Danny DeVito

"City of L.A., Stadt ohne Moral: Daß Curtis Hanson mit "L.A. Confidential" ein Klassiker gelungen ist, sickert nach der ersten von zweieinhalb Stunden als gesicherte Erkenntnis durch. Bis dahin wird atemlos ein korruptes Sündenbabel der Nachkriegszeit skizziert und ein Dickicht selbstgerechter Missetäter aufgestöbert. Verbrechen und Showbiz geben hier ein sündiges Pärchen ab. Entsprechend verführe- risch zieht die Story ihre Kreise, ironisch und intelligent nagelt der Erzählton alles Illegale und Indiskrete aus Halbwelt und Hollywood fest, souverän ist Hansons Übersicht und Timing. Denn gleich platzt eine von vielen Bomben dieses Films.
L.A., Stadt ohne Gewissen: Bei der Vernehmung schwarzer Mordverdächtiger entlockt der karrieristische Cop Ed Exley (Guy Pearce) mit perfiden Methoden Geständnisse. Es ist sein großer Moment, im Department gilt er als Kollegenschwein, doch jetzt läßt er vor aller Augen seine Brillanz aufblitzen. Auch der unterrangige Bulle Bud White (Russell Crowe) hört knöchelknackend zu und erstarrt, als die Täter eine weibliche Geisel erwähnen. Augen- blicklich weicht der Jazz-Score einem Herzschlag-Crescendo, wird die Schnitt-Frequenz kurzatmig, rast Dante Spinottis Kamera, statt zu schweifen. Wo "L.A. Confidential" bisher noch am Rand der Klippe in Abgründe blickte, wird nun der entscheidende Schritt nach vorn getan.

L.A., Stadt ohne Gnade: White stürmt die Zelle und rammt dem Befragten seine Waffe in den Hals. Erfährt von dem Versteck der Gang. Rast von dannen, stürmt das fragliche Gebäude, blickt der mißhandelten Geisel in die Augen. Und dann erschießt er ihren Bewacher. Ohne Warnung, als hätte er seinem aufrechten Haß auf Frauenschänder so schon tausendmal Luft gemacht. Wo soll er sein, der Unterschied zwischen Recht und Richten? Eine Frage, die diese gewaltige Sequenz nicht beantworten kann oder will. Doch nun besteht kein Zweifel mehr daran, daß wir es mit Besessenen zu tun haben und Hanson keine faulen Mainstream-Kompromisse dabei eingehen wird, ihre maßlose Schuld und ungeheuerlichen Sühnen zu zeigen. Erst recht, wenn man gewahr wird, daß White ein einsamer Held unter Schakalen ist.

L.A., Stadt ohne Furcht: Gewisser Fanatismus muß auch die Macher von "L.A. Confidential" getrieben haben, anders sind Rückgrat und Risikobereitschaft nicht zu erklären. Und alle haben sie um ihre künstlerische Integrität gepokert. Am höchsten Hanson, der zwei unpopuläre Darsteller in den Hauptrollen durchboxte und einen Genrefilm für Erwachsene stemmte. Oder Produzent Arnon Milchan, der 30 Studio-Millionen für Material auftrieb, das sich nicht in den üblichen zwei Sätzen nacherzählen läßt, sondern den Bogen von gestohlenem Heroin über einen mysteriösen Massenmord im "Nite Owl"-Café bis hin zu einem Callgirl-Ring schlägt. Nicht zu vergessen Autor Brian Helgeland, der die Dialog-Duelle mit verbalen Stilettspitzen und lässigem Fifties-Slang pflasterte. Und schließlich das Ensemble. Die Urgewalt Crowe und der aalglatte Pearce als Antagonisten. Kim Basinger als majestätische Hure Lynn Bracken, Kevin Spacey genial-kriecherisch wie immer, Danny DeVito als Verleger eines Revolverblattes und im Hintergrund ein Chief-of-Police-Schweinchen namens Dudley Smith (James Cromwell aus "Babe"). Sie haben hoch gepokert. Und gewonnen. Denn sie hielten den bestechendsten aller Trümpfe: James Ellroy.

L.A., Stadt ohne Gedächtnis: Der beste Crime-Schriftsteller der Gegenwart war selbst überrascht, daß unter all seinen optionierten Büchern ausgerechnet "L.A. Confidential" vor die Kamera ging. Aus 500 Seiten mit zwei Dutzend Protagonisten und existentialistischen Höllenfahrten zuhauf hätte eigentlich nur eine zehnstündige Serie werden dürfen. Doch obwohl bündelweise Subplots und Figuren über die Klinge gesprungen sind, bleibt Ellroys dunkles Herz in der Adaption erhalten.

L.A., Stadt ohne Gewinner: "Warum bist du Polizist geworden?" wird der bestechliche Cop Jack Vincennes (Spacey) einmal gefragt. Er erwidert nach langem Überlegen: "Ich weiß es nicht mehr." Es wird ihm noch einfallen. Denn Ellroy und Hanson verstehen sich mit diabolischer Präzision darauf, all die Zyniker ihrer Geschichte zunächst als unfehlbare Gauner zu zeichnen und sie dann mit noch brutaleren Manipulationen zu konfrontieren. So bleibt den anfänglichen Erzfeinden White und Exley irgendwann gar nichts anderes übrig, als nach gemeinsamen Wahrheiten zu suchen. Daß sie dabei gebrochen werden könnten, nehmen sie in Kauf. Denn es besteht die vage Chance, daß am Ende statt einer Kugel ihr Seelenfrieden wartet. Oder eine Frau, die ihren Körper verkaufen mag, aber ihr Herz nur verschenken wird. Und plötzlich hat es sich gelohnt, durch Blut und Betrug zu waten." (www.cinema.de)

Ich habe den Film gestern nach sehr langer Zeit endlich mal wieder gesehen und mich daran erinnert wie genial er eigentlich ist.
Ein von Kritik und Publikum gleichermaßen geschätztes, epochales und vielschichtiges Meisterwerk.
Bilder, Ausstattung und Kostüme sind einfach nur edel. Hollywood-Großen zeigen warum sie zu den ganz Großen gehören.
Allen voran Kevin Spaceys überall hochgelobter Tod ist immer wieder genial. Man hat tatsächlich das Gefühl, dass das ganze Leben aus seinen Augen verschwindet.
Und selten war der Drehbuch-Oscar berechtigter als hier.
Ganz großes Kino!


"Willst Du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten." (chin. Sprichwort)

"Die Seele ist das Schiff, Vernunft das Steuer und Wahrheit der Hafen." (türk. Weisheit)

"Der größte Feind des Wissens ist nicht Unwissenheit, sondern die Illusion, wissend zu sein." (Daniel J. Boorstin)

Wenn "2010" die Fortsetzung zu "2001" sein soll, dann ist "Sieben" das Prequel zu "8½". (Ich)

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Murillo
die graue Eminenz
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Beitrag von Murillo »

Leider ist es einige Zeit her, dass ich diesen Film gesehen habe. Ich kann mich leider nur noch an wenige Szenen erinnern (normalerweise spricht das bei mir gegen einen Film), allerdings weiß ich noch, dass er mich damals sehr unterhalten hat.


"Wenn etwas klappt, ist es meistens nur Glück. Deshalb sollte man nie zuviel Ahnung von einer Sache haben" (alte japanische Programmiererweisheit)

Neulich im Waschsalon:
"Nachdem mir bereits "Network" sehr gut gefallen hat, gewinne ich langsam wirklich Respekt vor Sidney Lumet."
"Du unnützer nichtsbringender mittzwanziger Fliegenschiss bekommst "langsam" Respekt vor Sidney Lumet?"
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