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Die Zeit die bleibt

Verfasst: Do 1. Jun 2006, 13:28
von Detlef P.
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F 2005
Regie: François Ozon
Darsteller: Melvil Poupaud, Jeanne Moreau, Valeria Bruni-Tedeschi

"Die Heulkrämpfe waren legendär. Nur Hartgesottene verließen 1971 Kinovorstellungen von „Love Story“ trockenen Auges. Schließlich erzählt der Kitschklassiker vom Krebstod einer jungen Studentin. In welchem Maße das Schicksal von Romain, dem 30-jährigen schwulen Helden dieses Films, die Tränendrüsen aktiviert, wird sich zeigen. Denn wo „Love Story“ den schmalzigen Merkspruch „Liebe bedeutet, niemals um Verzeihung bitten zu müssen“ lancierte, widerspricht „Die Zeit, die bleibt“ der These, im Angesicht des Todes beschäftige uns nur eins: die Aussöhnung mit der Welt.
Modefotograf Romain hat Krebs im Endstadium. Das macht aus dem verschlossenen, oft sehr ruppigen Zeitgenossen nicht zwangsläufig einen besseren Menschen. Seinen Freund setzt er nahezu wortlos vor die Tür. Weder Eltern noch Schwester, zu denen er ein gespanntes Verhältnis hat, schenkt er reinen Wein ein. Und dass er sich seiner Großmutter gegenüber öffnen kann, hat nur einen Grund: „Du und ich“, erklärt Romain der alten Dame ungerührt, „haben etwas gemeinsam. Wir werden bald sterben.“

Dem Tod, das ist jedem klar, entkommen wir nicht. Nur daran denken will keiner. Insofern hat dieser aufrichtige, unsentimentale Sterbefilm mehr mit dem Leben zu tun als jedes Heul-doch-Dramolett aus Hollywood. Weil er deutlich macht, dass die knapp bemessene Zeit, die seinem Helden bleibt, ihm ganz allein gehört. Und dass es nicht falsch sein kann, sich Erwartungen zu widersetzen. Nur sich selbst zu gehorchen. Und instinktiv auf die unfaire Wahrheit zu reagieren – egal, wie kaltherzig, egoistisch oder absurd Außenstehenden das erscheinen mag.

In der letzten, hypnotisch langen Einstellung des Films liegt der abgemagerte Romain an einem Strand in der Bretagne, umgeben von fröhlich lärmenden, braun gebrannten Menschen. Poetischer, weil schön und schmerzhaft zugleich, kann man das Unausweichliche nicht zeigen: Beim Sterben ist jeder allein." (http://www.cinema.de)

Als der Film gestern zu Ende war stand doch tatsächlich ein Blödmann in der Reihe hinter mir auf und kommentierte den Film lediglich mit "Das ist auch nur wieder so ein Trashfilm".
Solche Leute halten vermutlich "Krieg der Welten" für einen der besten Filme, den sie je gesehen haben :twisted:
Der Film war absolut hervorragend und einer der besten Filme des bisherigen Jahres.
Er ist zwar sehr fragmentarisch erzählt, aber ich glaube das gerade das den Reiz des Films ausmacht.
Man bekommt so einen besseren Eindruck wie die Hauptfigur sich fühlen mag, bzw. bekommt man bessere Eindrücke, denn es sind ganz eindeutig mehrere.
Zudem wurde der Film durch lustigen unterschwelligen Humor und vielerlei Schwulen-Sexszenen untermalt (jackass hätte seine Freude an diesem Film gehabt :lach: )

Abschließend kann ich sagen, dass mir dieser Film weitaus besser gefiel als "Unter dem Sand", Francois erster Teil in seiner "Trilogie über den Tod".
Der dritte Teil soll übrigens von dem Tod eines Kindes handeln.
So ein Thema von Ozon ungesetzt, das kann fast nur gut werden.

Verfasst: Do 1. Jun 2006, 19:56
von Murillo
Dieser Film ist durchaus gelungen. Er erzählt nicht, wie man es aus Produktionen anderer Kulturkreise vielleicht gewphnt wäre dramatisch und kitschig vom bewussten Abschied des Einzelnen von seinem Leben, sondern, und das hat mir überraus gur gefallen, still, zurückhaltend, fast minimalistisch.
Auch die Vorgänge nach dem Tod des Protagonisten werden außen vor gelassen, was ich ebenso für richtig halte.

Und ein Ozon wäre natürlich kein Ozon ohne die zwischendurch vorkommenden heftig direkten Sequenzen.