Seite 1 von 1

Dogma 95 - Manifest - Sinn oder Unsinn ?

Verfasst: Mo 3. Jul 2006, 18:32
von Nikkita
Die meisten kenne es, das Dogma 95 Manifest von L.v. Trier und T. Vinterberg, es sollte alle modischen Effekte und technischen Spielereien aus dem Film verbannen und wieder eine Art „aufrichtiges Kino“ schaffen!

Die Thesen verfassten die beiden biblisch anmutend in Form der 10 Gebote! Was ich persönlich schon für leicht übertrieben halte! Die Frage ist, ob diese Gebote tatsächlich dem Film zu mehr Aufrichtigkeit verhelfen oder letztendlich nur Augenwischerei sind?

Macht z.B. eine Handkamera den Film authentischer bzw. objektiver, nur weil das Bild wackelt? Ist nicht bereits jede Art von Aufnahme eine subjektive Gestaltung, egal ob Steadicam oder Handkamera?


Die Thesen

1. Du sollst "on location" drehen. Weder Requisiten, noch Szenenbilder dürfen genutzt werden. Wenn eine bestimmte Ausstattung notwendig ist, so muss ein Drehort gefunden werden, an dem diese schon vorhanden ist.
2. Du sollst den Ton nicht separat von den Bildern produzieren. Schauspieler darf man nur im O-Ton hören. Musik darf man nur verwenden, wenn sie am Drehort live während der Filmaufnahme gespielt wird.
3. Du sollst nur mit der Handkamera drehen. Jede Bewegung oder Ruhestellung, die mit der Handkamera machbar ist, sei erlaubt. Schienen, Steadicam etc. sind verboten. Die Kamera soll dorthin gebracht werden, wo auch der Film stattfindet.
4. Du sollst nur in Farbe filmen. Eine besondere Ausleuchtung ist verboten. Falls zu wenig Licht am Drehort ist, darf maximal eine Lampe an der Kamera befestigt werden.
5. Du sollst den Film nicht optisch bearbeiten und keine Filter nutzen.
6. Du sollst keine überdramatische Action in den Film einbauen. Künstliche Reize durch Schießereien oder Mordszenen sind untersagt.
7. Du sollst weder zeitliche noch geographische Verfremdungen vornehmen. Also keine historischen Sujets, alles hier und jetzt.
8. Genre-Filme werden nicht akzeptiert.
9. Du sollst im Format Academy 35 mm drehen. Das entspricht 1:1,37, etwa dem heutigen TV Format.
10. Du sollst nicht nennen deinen Namen! Der Regisseur soll weder im Vor- noch im Abspann erwähnt werden.


Die Thesen mögen für einen Dokumentarfilm als Qualitätsstandard geeignet sein. Für die Kunst des Filmemachens eher ungeeignet bzw. auf Dauer ungeeignet. Film ist ein künstlerisches Medium, was gerade auch durch die vielen technischen Möglichkeiten sich weiterentwickelt und der Phantasie keine Grenzen setzt. Ohne diese Möglichkeiten wäre ein Film wie It´s all about Love von Thomas Vinterberg nicht möglich gewesen. Und ist dieser Film deshalb weniger wirklich? Ich wage es zu bezweifeln! Aber was haltet ihr von den großen 10 Filmgeboten?

Verfasst: Mo 3. Jul 2006, 18:39
von Damien3
Oooooohhhhh du stichst da in ein Wespenenst.
Ich hasse diesen Bockmist soooo sehr....
Und alle anderen lieben diesen Kram.....
SO kommt es mir jedenfalls immer vor.
Ich halte es für eine entschuldigung das diese Regisseure kein Geld mehr für "richitge" Filme bekommen, weil niemand sie sehen wollte...

Verfasst: Mo 3. Jul 2006, 19:51
von Murillo
Oh ja, ich liebe es! :fuckU:
Im Zuge dieses Manifestes sind sicherlich ein paar gute Filme enstanden. Ich kenne von den echten nur "Das Fest" und "Idioten", die großartig waren.
Ich würde jedoch auch "Breaking the waves" als eine Art Dogma-Film bezeichnen, weil dort die meisten dieser Regeln eingehalten werden.

Auch wenn selbst die Filmemacher selber dieses Experiment eher als gescheitert ansehen, muss man ganz klar feststellen, dass diese Filme durchaus etwas gezeigt haben: nämlich, dass Filme ohne großartigen technischen Aufwand und sich auf das wesentliche beschränken (Handlung und Charaktere) wesentlich intensiver rüberkommen können, als solche, die konsequent diese Regeln missachten.

*stich*

Verfasst: Di 4. Jul 2006, 06:34
von Damien3
es ist gescheitert weil es intensiv langweilig war....
Das Medium Film ist ein ALLE Sinne ansprechendes Medium.

Verfasst: Di 4. Jul 2006, 07:47
von Voland
Ich bin mal wieder mit Damien einer Meinung *freu*

Verfasst: Di 4. Jul 2006, 10:46
von Detlef P.
Ich finde das Dogma-Manifest gut, da es eine andere Art darstellt Filme zu machen.
Das bedeutet nicht, dass alle Dogma-Filme gut sind.
Aber ein Film wie "Das Fest" wäre nicht so genial und dokumentarisch (und dadurch äußerst intensiv) rübergekommen wenn er als "ganz normaler" Film gedreht worden wäre.
Für gewisse Stoffe ist es also durchaus sinnvoll die Dogma-Regeln anzuwenden.
Das bedeutet nicht, dass ich nur Dogma-Filme gucke oder mich vor allem anderen verschließe (das sage ich bevor mir hinterher wieder der Vorwurf gemacht wird).
Die Dogma-Leute setzten ganz einfach andere Stilmittel ein.
Mache Leute benutzen zum Beispiel Weichzeichner in Liebesfilmen oder Spannungsmusik in Thrillern.
Das sind ganz einfach nur Stilmittel, nicht mehr und nicht weniger.
Es ist meiner Meinung nach nicht so, dass "Dogma" ein eigenes Genre geworden ist. Mache Leute denken das vielleicht, aber ich nicht.
Es ist einfach eine Zusammenstellung verschiedener Stilmittel.

Und mal ganz ehrlich, ohne das Stilmittel "Special Effect" dürfte in Hollywood auch kein Actionregisseur arbeiten, oder?

Verfasst: Di 4. Jul 2006, 13:11
von Murillo
Damien3 hat geschrieben:es ist gescheitert weil es intensiv langweilig war....
Das Medium Film ist ein ALLE Sinne ansprechendes Medium.
Es ist so dass die meisten Filme mehr Daten senden, als das mentale System in der Lage ist, als Informationen weiterzuverarbeiten.
Daher unterliegt dieses System einer Selektivität, die sich auf Dauer auf bestimmte Muster versteift.
D.h. bestimmte Sorten von Informationen kommen irgendwann konsequent nicht mehr an (Bsp.: Handlungsessenz und Charaktereigenschaften).
Daher ist es manchmal sinnvoll, das Aussenden von Daten auf ein Minimum zu reduzieren.
Manche Menschen kommen darauf einfach nicht klar. Harhar :wink: