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Nolan bei Oscars ignoriert: Hier ist die Erklärung

Verfasst: Mi 26. Jan 2011, 20:21
von Detlef P.

Verfasst: Mi 26. Jan 2011, 21:32
von Murillo
Eine Verschwörung... ganz klare Sache.

Verfasst: Do 27. Jan 2011, 18:54
von Johnny-le-Fou
Also mal ganz ehrlich... Was haben hier alle mit Christopher Nolan? Selten so kalte, seelenlose Filme gesehen, wie er sie in den letzten paar Jahren gemacht hat. Und "Inception" ist für mich der Gipfel. Wer hat denn solche Träume? So glatt und leer und langweilig. Traurig ist das. Alles bloß Stahl- und Glaskonstruktionen und nichts dahinter. Post-moderner Müll nennt man sowas normalerweise. Das Konzept mag ja ganz interessant sein, ist allerdings grauenvoll umgesetzt. Für mich auf Platz 2 der schlechtesten! Filme des Jahres.
Warum werden hier im Forum Spielberg, Cameron und Co. so verteufelt, wenn Nolan doch nichts anderes macht, nur weniger emotional, mit noch mehr Action und Geballer und lauter aufgesetzten Story-Twists? Weil ihm die meisten imdb-User das Attribut "anspruchsvoll" nachsagen?
Für mich hat das wirklich nichts mit Anspruch zu tun, eher mit Spektakel und das von der aller übelsten Sorte, ein Spektakel, dass sich als intellektuell tarnt und letztendlich nicht mehr Niveau und Stil hat als eine dieser Michael-Bay-Retorten-Produktionen... Ich habe so mit mir kämpfen müssen den Film bis zum Ende durchzustehen. Hätte ihn besser nach 5 Minuten ausmachen sollen.

Verfasst: Do 27. Jan 2011, 19:16
von Detlef P.
Tja, das kann ich Dir leider auch nicht sagen. Du bist tatsächlich der erste den ich kenne, der "Inception" scheiße findet. Aber Du hast ja auch ausführlich begründet warum Du mit Nolan grundsätzlich ein Problem hast. Nur sehe ich andere Dinge in seinen Filmen. Die Action ist für mich nicht vordergründig und ist in den meisten Momenten ein notwendiegr Teil der Geschichte. Die Filme wirken auf mich auch nicht glatt, sondern analytisch. Und die Analyse ist nunmal oft kalt und steril. Gerade diesen Stil mag ich unheimlich. Wo bei anderen großen Hollywood-Blockbustern immer große Emotionen im Vordergrund stattfinden ist es für mich wirklich sehr erfrischend Filme für das große Publikum zu sehen, die derartig unterkühlt wirken und eben nicht auf der emotionalen Schiene unterwegs sind.
Und zu guter letzt wären da noch die Verschachtelungen in seinen Filmen. Es gibt immer so viele kleine Details auf die man achten muss und so viele Arten das Puzzle am Ende zusammen zu setzen - was man ja in den meisten Fällen auch tatsächlich selbst tun muss, dass ich seinen Filmen einen gewissen Anspruch nicht absprechen würde.
Ist zwar schade, dass Du das anders siehst, aber so ist das halt mit unterschiedlichen Geschmäckern.
Ich würde es nie wagen ihn mit Spielberg und Michael Bay auf eine Stufe zu stellen.

Verfasst: Do 27. Jan 2011, 19:52
von Damien3
Warum nicht mit Spielberg??
War Schindlers liste nicht ebenso kalt und analytisch und hervorragend?
Spielberg HAT einen anderen Stil als Nolan, ja, aber Spielberg hat mehr als nur den EINEN :-))

Er hat großartige Erwaqchsenenfilme gemacht wie Liste, Minority Report, Catch me if you can...
Ich verstehe den Hass auch nicht gegen ihn...

Aber ich kann voll und ganz verstehen wenn jemand sich entfremdet von Nolan abdreht.Hier geht es nicht um die lilebe an das Kino sondern auf beigen und brechen neue Welten und Situationen zu erschaffen.
Sei es ein völlig neuer Batman, ein völlig neuer Erzählstil in Memento oder ein völlig neuer "Zauberer" Film in Prestige oder ein völlig neuer Filme über Träume wie Inception.
Es geht nach 100 Jahren halt darum alte Sachen in neuem Gewand zu machen...und das so verschachtelt wie möglich..

Verfasst: Do 27. Jan 2011, 20:02
von Detlef P.
Für mich hat Spielberg nur einen Stil, den er lediglich in verschiedenen Genres anwendet. Da kann ich beide Seiten verstehen.

Bei Nolan kann ich es nicht ganz so gut nachvollziehen, da ich die genannten Begründungen bei ihm nicht wiklich entdecken kann. Aber ich akzeptiere und respektiere das.

Und Spielberg und Nolan sind für mich nicht wirklich vergleichbar. Höchstens vom Aufwand her. Aber Spielberg geht in seinen Filmen IMMER die emotionale Schiene, was ich manchmal gut, oft aber zuviel finde.
Ich würde Nolan da tatsächlich eher mit Kubrick vergleichen. Obwohl das auch wieder nicht passt. Kubrick ist zwar genauso Analytiker, geht was das angeht aber noch viel tiefer ins Unterbewusstsein. Außerdem ist er wesentlich ruhiger.

Verfasst: Do 27. Jan 2011, 20:27
von Johnny-le-Fou
Das ist Blasphemie Nolan mit Kubrick zu vergleichen!

Spielberg bedient die "richtigen" Knöpfe, Nolan ebenfalls. Sie setzen der ewig schlafenden Gesellschaft genau die Träume vor, nach denen sie sich sehnt.

Verfasst: Do 27. Jan 2011, 20:37
von Detlef P.
Ich habe ja auch gesagt, dass man die beiden auch nicht wirklich miteinander vergleichen kann. Allerdings sehe ich eher parallelen zwischen Nolan und Kubrick als zwischen Nolan und Spielberg.

Nolan drückt in meinen Augen keine Knöpfe, das macht Spielberg. Nolan scheint nur auf eine bizarre Weise den Nerv des Publikums zu treffen. Obwohl da vermutlich noch die Stars und die Action-Sequenzen anlocken. Normalerweise musste er aber vom kühlen Stil her bei der Masse verschrien sein.

Verfasst: Do 27. Jan 2011, 20:43
von Johnny-le-Fou
Aber grade dieses Kühle ist doch das was die Menschen von heute wollen. Sei es im Film, in der Kunst, in der Architektur. Für mich ist dieser Film genauso wie die Gebäude am Potsdamer Platz. Erschlagend in ihrer Wirkung, absolut überstilisiert, voller Glas und Stahl und dabei so leer, so kalt, so unpersönlich und unecht. Die Frage ist wohl eher ob das bloß ein Trend ist, dem die Menschen hinterherlaufen, nach dem sie sich sehnen, weil es ihnen vorgeschrieben wird oder ob es tatsächlich dem Zeitgeist entspricht und die Welt wirklich so kalt und leer geworden ist.

@Damien: Achso, ja ich schneide mir gleich die Pulsschlagadern auf, weil ich die heutige Gesellschaft in Frage stelle. Sorry, aber die Polemik konnte ich mir nicht entgehen lassen. :mrgreen:

Verfasst: Do 27. Jan 2011, 20:48
von Detlef P.
Es kommt mir nicht so vor als wäre das heutzutage ein Trend. Zumindest ist mir das bisher noch nicht so aufgefallen. Ich wüsste auch sonst keine Filme, die etwas so kalt und glatt darstellen und trotzdem so erfolgreich sind. Der Scheiß, der immer noch am meisten geguckt wird ist dieser emotionale Blockbuster-Kram a`la "Avatar", "Harry Potter" und "Twilight". Und da kann mir keiner erzählen, dass das unterkühlt wirkt.

In Kunst und Architektur kenne ich mich zu wenig aus. Da kann ich nichts genaues zu sagen. Da könnte es eventuell zutreffen.

Verfasst: Do 27. Jan 2011, 20:54
von Johnny-le-Fou
OK, "Avatar" und "Harry Potter" sind vielleicht in ihrer Bildästhetik nicht so unterkühlt wie "Inception", allerdings haben sie mit ihm die Künstlichkeit gemeinsam. Dann nennen wir es eben künstlich. Die Gesellschaft sehnt sich nach Künstlichkeit, nach der ästhetischen Lüge, nach dem Falschen statt dem Wahren, nach dem unterhaltenden oder in diesem Falle (pseudo-)künstlerischen Spektakel statt der wahrhaftigen Kunst.

Verfasst: Do 27. Jan 2011, 21:04
von Detlef P.
Oh, das ist jetzt aber auch eine absolut neue Erkenntnis, dass die Leute künstlich aufgeblasene Scheiße sehen wollen anstelle von Kunst :mrgreen:

Aber ganz ehrlich, künstlich war Kubrick auch. Und zwar wie kein zweiter. Gerade bei "Shining" und "Eyes Wide Shut" denke ich mir jedes Mal wie verdammt künstlich die ganze Prämisse, die Ganze Kulisse, die Figuren und die Dialoge wirken. Mit Künstlichkeit - richtig eingesetzt - kannst Du der Gesellschaft manchmal besser den Spiegel vorhalten als mit dem echten und realen.

Ich sollte hier nochmal klarstellen, ich rede jetzt von Künstlichkeit und nicht von künstlich aufgeblasener Scheiße (obwohl Damien bei Stanley K. wohl kein Unterschied feststellen wird :fuckU: )

Andere Filmemacher gehen mit ihren Werken sehr lebensnah um. Bestes Beispel ist da für mich immer noch Woody Allen, bei dem nahezu jede verdammte Dialogzeile wie aus dem Leben gegriffen wirkt.

Verfasst: Fr 28. Jan 2011, 12:52
von Damien3
Ob es nun künstlich "wirkt" oder nicht ist auch eine Frage des Casting.
Schonmal dran gedacht?

Ich finde es für einen Film tödlich wenn er mich, während er läuft, aus meiner "neuangenommenen" Identität eines Filmcharachters aufwachen lässt und über die Kamera, die Musik oder den Handlung nachdenken lässt.
Es gibt (für mich) Regisseure die lassen mich mit vielen Charkteren verschmelzen und vergessen das ich nur auf eine Leinwand in einem dunklen Raum starre.
Ich rede dann nicht viel und bin auch schlecht ansprechbar.

Die Regisseure die mich während des Filmes immer wieder aufhorchen lassen und nachfragen lassen wie war was jetzt gemeint oder gedacht lassen mich die Filme mit "Abstand" betrachten.
Ich denke das ist der Hauptgrund warum Johnny z.B. "Inception" als "kalt" empfindet und bei Filmen wie "Babel" emotional wesentlich eingebundener ist.
ODER?

Verfasst: Fr 28. Jan 2011, 14:24
von Detlef P.
Ich bin mir da nicht ganz sicher.
Ich finde es gibt Filme bei denen das Kalte passt (und auch welche wo es nicht passt).
Genauso wie bei dem Emotionalen.

Aber wie Johnny das sieht beantwortet er am besten selbst.

Verfasst: Fr 28. Jan 2011, 17:02
von Murillo
Nolan ist meiner Ansicht nach der bisher bedeutendste Regisseur dieses Jahrtausends. Dabei stellt er das gesamte Lebenswerk von Spielberg ganz locker in den Schatten. Und dabei erkenne ich an, dass Spielberg durchaus ein paar gute Filme gemacht hat.

Nolan hat einen Stil, der meines Erachtens durchaus neuartig und individuell ist (und damit meine ich nicht, dass er mal eine Handlung in umgekehrter Reihenfolge gezeigt hat). Er schafft es auf erstaunliche Weise, sowohl das Mainstream-Publikum, als auch die Langzeit-Philosophiestudenten aus dem Töpferkurs zu begeistern (mit vielen Ausnahmen allerdings).

"Inception" habe ich bisher noch nicht gesehen.
Allerdings muss ich sagen, dass ich sowohl zu diesem, als auch seinen anderen Filmen noch keine neutralen Meinungen vernommen habe.
In dieser Hinsicht sind seine Werke anscheinend ebenso polarisierend, wie die meisten von Kubrick und er spaltet das Publikum somit in zwei Lager.
Alles, was er macht ist absolut künstlich, aber das ist eben auch die Natur des Films.
Die Dogma95-Bewegung hat versucht, dieser Natur etwas entgegenzusetzen, und ist damit bereits im Ansatz gescheitert. Wobei zum Beispiel "Das Fest" ein sehr guter, aber eben auch künstlicher Film ist.

Außerdem würde ich nicht zustimmen, dass es die Künstlichkeit oder die Kälte ist, nachdem sich der Großteil des Publikums sehnt.
Ich vermute mal, es sind eher eine einfach zu verfolgende, vertraute Rahmenhandlung und Darsteller, mit denen sich der Zuschauer identifizieren kann...

Verfasst: Fr 28. Jan 2011, 17:53
von Detlef P.
Würde Dir bei allem zustimmen. Außer bei einer Sache: "Das Fest" soll ein künstlicher Film sein?
Oder meinst Du künstlich in die andere Richtung gebürstet? Dann würde ich wieder zustimmen.

Verfasst: Fr 28. Jan 2011, 18:24
von Johnny-le-Fou
Also ehrlich gesagt liebe ich es, wenn ein Film selbstreflexiv ist, zum nachdenken anregt, sei es nun inhaltlich oder inszenatorisch, mich dazu bringt ihn auseinander nehmen zu wollen, jede Facette, jedes Detail einzeln zu betrachten. Genau deshalb liebe ich die Filme Godards ja so sehr. Weil er mir in fast jeder Sekunde vorführt "Hey, du guckst einen Film, sieh' her was man damit alles anstellen kann".
Mit "Babel" war ich damals vielleicht ein bisschen überschwänglich. Finde den Film zwar immer noch nicht schlecht, allerdings auch lange nicht mehr so großartig wie damals bei der ersten Sichtung im Kino.

Für mich besteht ein großer Unterschied zwischen der "Künstlichkeit" Kubricks und der Nolans. Nolan setzt, wie eben auch Spielberg häufig, auf Effekte und technischen Schnickschnack (wie in "Inception") oder eben ganz nette, aber irgendwann ziemlich aufgesetzt wirkende storytechnische Gimmicks (wie in "Memento" - außerdem hat der südkoreanische Film "Peppermint Candy" seine Story bereits ein Jahr vorher schon rückwärts erzählt und das über 2 Jahrzehnte und mit weitaus komplexeren Themen). Kubricks "Künstlichkeit" hingegen äußert sich duch die Machart, die Bildkompositionen, das Überzeichnen der Charaktere, den Einsatz der Musik etc. etc. Deshalb ist Kubrick meiner Meinung nach ein begnadeter Filmkünstler und Nolan eben bloß ein Scharlatan.

"Das Fest" hat mir auch gefallen, allerdings würde ich ebenfalls nicht sagen, dass der Film künstlich wirkt. Durch die Handkamera, den Verzicht auf künstliches Licht, sowie auf die Hintergrundmusik wirkt der Film doch schon eher fast dokumentarisch.

Verfasst: Fr 28. Jan 2011, 19:07
von Detlef P.
Tatsächlich gab es vorher sogar noch zwei andere Filme, die ebenfalls rückwärts erzählt wurden. "Happy End" aus der Tschechoslowakei von 1967 und "Betrug" mit Jeremy Irons und Ben Kingsley von 1983.

Sehe das ähnlich wie Du mit der Künstlichkeit bei Kubrick, oder auch bei Godard. Ich liebe es nahezu wenn Godard uns jede Minute erinnert, dass das Gesehene nur ein Film ist. Und normalerweise macht er sich dann auch noch über die stereotypische Filmhandlung lustig.

Und auch bei "Das Fest" kann ich nur 100%ig zustimmen...

Verfasst: Fr 28. Jan 2011, 23:39
von Murillo
Ich bin der Meinung, dass Kubrick in seiner 'Künstlichkeit' bisher und insgesamt versierter war als Nolan in Anbetracht des selben Attributs, wobei Nolan natürlich noch jung ist und, da bin ich mir sicher, uns in Zukunft noch einige male überaschen wird.

Allerdings denke ich, dass ein Film nicht an der Variable der 'Künstlichkeit' gemessen werden sollte, da im Grunde alle Filme 'künstlich' sind. Ja, auch 'Das Fest'.

Es handelt sich mitnichten um die Dokumentation einer Familienfeier mit überraschend von der Kamera aufgefangener Pointe, sondern um eine geplahnte Rahmenhandlung mit spannungsversprechender Handlungskurve. Außerdem glaube ich nicht, dass die Beteiligten dieses Films ohne technische Hilfsmittel, wie Leuchten, Mikrofonverstärker etc. ausgekommen sind.
Der Film 'wirkt' dabei erfrischend unkünstlich. Er ist es aber natürlich nicht.