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Dogma 25-Manifest: Sinn oder Unsinn?

Verfasst: Sa 17. Mai 2025, 18:32
von Detlef P.
In Anlehnung an die Dogma 95-Bewegung und diese Diskussion wollte ich doch gleich mal die Notwendigkeit des neuen Dogma-Manifests besprechen, welches jetzt im Rahmen der Fimfestspiele in Cannes vorgestellt wurde:

https://variety.com/2025/film/news/dogm ... 236401704/

Hier nochmal alle Regeln aufgelistet:

1. The script must be original and handwritten by the director.

We compel ourselves to write the script by hand in order to nurture the kind of intuition that flows most freely from the dream, channeled through the hand onto the paper.

2. At least half the film must be without dialogue.

We insist on a cinematic approach to filmmaking because we believe in visual storytelling and have faith in the audience.

3. The internet is off limits in all creative processes.

We commit to produce the films relying on real people within our physical reality – rather than in a digital one infused with algorithms.

4. We’ll only accept funding with no content-altering conditions attached.

We assume responsibility for keeping budgets down so the team retains final say in all artistic decisions.

5. No more than 10 people behind the camera.

We commit to working in close collaboration to build trust and strengthen our shared vision.

6. The film must be shot where the narrative takes place.

Film as an art form becomes artificial and generic when we portray a location in a false light.

7. We’re not allowed to use make-up or manipulate faces and bodies unless it’s part of the narrative.

Just as we strive to maintain the authenticity of the location, we also want to portray the human body without a filter. We celebrate it – warts and all.

8. Everything relating to the film’s production must be rented, borrowed, found or used.

We commit to making films using objects that already exist and renounce the ahistorical and self-destructive culture of consumerism.

9. The film must be made in no more than one year.

We abstain from any lengthy processes that stand in the way of creative flow.


Einige Regeln sehe ich ja ein und viele sind ja sogar so oder so ähnlich auch im alten Dogma-Manifest zu finden.
Aber was soll zum Beispiel dieser Kram, dass mindestens die Hälfte des Films nicht gesprochen werden darf?
Ja ok, bei viel Rumgelaber geht der Subtext verloren. Aber das finde ich trotzdem eine ganz schön extreme Sache.
Wollen die so tolle Dramen wie in den 70ern machen, wo sich Paare bedeutungsvoll angeschwiegen haben, oder wie?

Auch dass das Drehbuch handgeschrieben(!) sein muss oder alles, was zur Filmproduktion gehört "gemietet, geliehen, gefunden oder gebraucht" sein soll, ergibt für mich nicht wirklich Sinn.
Was soll so ein Kram?

Gut finde ich, dass die kreativen Entscheidungen bei den Machern bleiben sollen und dass das Internet innerhalb des kreativen Prozesses tabu ist.
Aber manches genannte finde ich albern, unnötig oder total übertrieben.

Was sagt Ihr dazu?

Re: Dogma 25-Manifest: Sinn oder Unsinn?

Verfasst: Sa 17. Mai 2025, 18:51
von Damien3
Du möchstest nicht wirklich meine Melnung zu Dogma.
Ich weiß das😜
Kunstfuzzigetue von Gelangweilten….

Re: Dogma 25-Manifest: Sinn oder Unsinn?

Verfasst: So 18. Mai 2025, 20:36
von Detlef P.
Ich fände Deine Expertise dazu ehrlich spannend.
Denn das sind ja nicht 1 zu 1 dieselben Regeln wie vor 30 Jahren, auch wenn sich einige, wie bereits gesagt, ähneln oder fast gleich sind.
Welche Regeln davon findest Du besonders bescheuert und warum?

Re: Dogma 25-Manifest: Sinn oder Unsinn?

Verfasst: Mo 19. Mai 2025, 11:34
von Damien3
Ich finde die Idee GESAMT bescheuert.
Ich kann doch nicht sagen wenn ich MakeUp nutze oder irgendwas "weglasse" das es dann kunstvoller wird?
Die Kunst lebt von Erneuerung und Strömungen.
Ich kann doch nicht was weglassen und sagen es wird "besser"?

Wir sind alle froh das wir TON haben...wir sind froh das wir FARBEN haben.
Alles Erfindungen und Verbesserungen zu 1895.

Warum sollte ich etwas davon weglassen um es langweiliger zu machen?

Das sind Experimente und keine Filme.

Re: Dogma 25-Manifest: Sinn oder Unsinn?

Verfasst: Mo 19. Mai 2025, 20:36
von Detlef P.
Detlef P. hat geschrieben: Sa 17. Mai 2025, 18:32
7. We’re not allowed to use make-up or manipulate faces and bodies unless it’s part of the narrative.

Just as we strive to maintain the authenticity of the location, we also want to portray the human body without a filter. We celebrate it – warts and all.
Das finde ich sogar ziemlich akzeptabel.
Es wird ja nur der "künstliche Look" weggelassen, den Hollywood-Schauspieler oft haben, weil sie von Maskenbildnern super krass gestylt werden.
Wenn sich im Film (also innerhalb der Erzählung) eine Frau Lippenstift draufmacht, ist das erlaubt.
Nur vorher(!) sollen keine professionellen Leute an den Gesichtern rumpfuschen, damit die Menschen authentisch wirken.

Wie gesagt, einige Dinge in dem Manifest finde auch ich bescheuert oder drüber.
Aber da hast Du gerade einen Punkt gewählt, mit dem ich eigentlich recht konform gehe.

Re: Dogma 25-Manifest: Sinn oder Unsinn?

Verfasst: Do 3. Jul 2025, 06:54
von Murillo
Sehe ich das richtig, dass es in den Regeln keine Pflicht zur verwackelten Handkamera mehr gibt??? :aosjao:

Und das mit dem Consumerism und dem Internet ist doch auch einfach neumodischer bzw. neo-regressiver Schrott, der nichts mit der Kunst des Filmemachens zu tun hat.

Re: Dogma 25-Manifest: Sinn oder Unsinn?

Verfasst: Do 3. Jul 2025, 11:40
von Detlef P.
Das mit dem "Consumerism" finde ich auch behämmert, wie ich schon schrieb.
Einfach Blödsinn, der wirklich null mit der Produktion eines Films zu tun hat und insgesamt verdammt lächerlich anmutet.

Das mit dem Internet halte ich aber tatsächlich für eine der wenigen guten, bzw. interessanten Erneuerungen.
Denn mit dem Internet ist ja alles digitale gemeint, also auch Algorithmen und auch KI.
Ich kann also nicht irgendwelche Algorithmen benutzen, um zu errechnen, welche Komponenten (z.B. 20% Liebesgeschichte, 15% Action usw.) das Publikum in einem Film sehen will, noch kann ich KI missbrauchen, um mein Drehbuch zu "verbessern".
Ich muss mich also auf meine Erfahrungen in der echten Welt verlassen, die ich mit Menschen aus Fleisch und Blut gemacht habe.
Und das bringt mich wirklich zu dem ursprünglichen Gedanken des Filmemachens zurück und so kann die neue Tagline für "Dogme25 #1" (Arbeitstitel... oder auch nicht :mrgreen: ) endlich wieder lauten:

Dieser Film ist kalt
Dieser Film ist wie das Leben
Dieser Film IST das Leben


:lach: :coffee: