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Der letzte Mann
Verfasst: Sa 7. Mai 2005, 21:02
von Murillo

D 1924, R: Friedrich Wilhelm Murnau
D: Emil Jannings, Maly Delschaft, Max Hiller, Emilie Kurz
In seiner prachtvollen Uniform wirkt er wie ein General: Der alte Portier (Emil Jannings) strahlt vor Stolz, wenn er vorm Hotel Atlantic die Reichen und Berühmten begrüßt. Als er aber wegen Altersschwäche zum Toilettenwärter degradiert wird, verliert er mit der Uniform auch seine Selbstachtung... Das angepappte, unglaubwürdige Happyend kam auf Jannings Wunsch zustande. Regisseur Friedrich Wilhelm Murnau ("Nosferatu") hat sich dafür später entschuldigt. Dennoch gelang ihm mit "Der letzte Mann" einer der berühmtesten Stummfilme und der Sprung nach Hollywood. Seine "entfesselte" Kamera, die wie ein Gottesauge durch die Szenen jagt, übersetzt die Gefühle direkt in Bilder, so dass fast keine Texttafeln für die Dialoge mehr nötig waren. "Ein rastloses Meisterwerk, ein wirkliches Lichtspiel", urteilte damals die Kritik. (
www.cinema.de)
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Nach "Nosferatu" der 2. Film dieses genialen BIELEFELDER (

)Regisseurs, den ich gesehen habe. Wirklich beeindruckend.
Verfasst: Sa 7. Mai 2005, 22:32
von Voland
Hui, freut mich, dass der Film hier genannt wird. Ich mag ihn nämlich sehr - viel mehr als "Nosferatu". Emil Jannings ist ohnehin ein herrlicher Schauspieler. Auch ihn liebe ich sehr auf der Leinwand.
Die Szene zu Beginn hat ja Geschichte geschrieben. Subjektive Kamera nennt man das - und das ist beinahe so ein Bravourstück wie die Kamera als Schneeball. Murnau lässt die Kamera im Fahrstuhl nach unten fahren. Eine Einstellung, die uns das Hotel zeigt, uns durch die Eingangshalle, durch die Drehtür und bis hinaus zu Emil Jannings führt. Herrlich, da schmelzen Herzen dahin.
Ein feiner Beitrag zum deutschen Expressionismus. Man erinnere sich nur an die Bauten. Die Unterschiede zwischen Hotel und Wohnung des Portiers. Diese Unterschiede sind so krass. Und mittendrin stolziert er, wie ein prüder Gockel, auf und ab - Emil Jannings.
Ende hat er ein seltsames gewählt, der gute Murnau. Aber es passt zum Film. Es macht aus der Tragödie doch tatsächlich noch eine Tragikomödie.
Dramatisch ist der Film aber tatsächlich. Er beschreibt, wie schnell Menschen ihre Meinung ändern können. Wie viel tatsächlich ein angesehener Mensch bedeutet. Und er beschreibt, wie schnell man fallen kann. So tief, dass man kaum wieder aus der Misere herauskommt.
Technisch der wohl perfekteste Film von Murnau. Denn neben der subjektiven Kamera am Beginn gibt es noch die Halluzination des Portiers. Das Hotel, wie es auf ihn stürzt. Man bedenke bitte die Zeit, in der der Film gedreht wurde.
Auch erkennt man an diesem Film wohl am besten, wie sehr Murnau dem alten Rembrandt nacheiferte. Das Spiel mit Schatten beherrschte der alte Meister ja perfekt. Einige Gemälde finden sich sogar - umgesetzt - in dem Film wieder. Bestimmte Gemälde wurden in den Film übernommen. So zum Beispiel das Gesicht des Portiers in Großaufnahme.
Ich mag Rembrandt, schätze ihn sehr. Und genau so schätze ich auch Murnau sehr. Denn er ist der einzige Regisseur, der es geschafft hat, mit Licht und Schatten so zu experimentieren wie Rembrandt. Im Expressionismus des deutschen Films finden sich immer wieder ähnliche Spiele - doch nie so gekonnt wie in den beiden Werken der großen Meister.
Verfasst: Mo 9. Mai 2005, 16:13
von Detlef P.
Das Ende wollte Murnau nicht!
Das Studio hat ihn damals dazu gezwungen, damit der Film ein positives (jedoch äußerst unrealistisches) Ende bekommt.
Ansonsten ist der Film relativ gut. Ich war zwar nicht so begeistert wie ihr beide, aber er ist auf jeden Fall gut ansehbar.
Verfasst: Mo 9. Mai 2005, 16:24
von Voland
Das Happy-End ist aber gut, so wie es ist. Egal ob Murnau es wollte oder nicht.
Verfasst: Mo 9. Mai 2005, 16:45
von Detlef P.
Finde ich nicht, aber das ist Ansichtssache
Verfasst: Mo 9. Mai 2005, 19:00
von Voland
So ist es eben. Ich persönlich finde das Ende ungewöhnlich, ziemlich überraschend. Und das nicht nur, weil man sowas von Murnau nicht erwartet. Es passt in diese damalige Zeit, wirkt auf mich sogar wie eine Kritik an den damaligen Film aus Hollywood. Man kann viel darin sehen, vor allem war es keinesfalls beabsichtigt. Aber nicht alles geschieht mit Absicht. ;-)
Verfasst: Mi 11. Mai 2005, 12:43
von Detlef P.
Hm, ich finde gerade diese Happy End-Scheiße erinnert total an Hollywood.
Wenn der Typ in der Gosse verreckt wäre, das wäre Realismus.
Ich meine wie wahrscheinlich ist es, das so ein verarmter Kerl plötzlich zu Geld kommt?
Verfasst: Mi 11. Mai 2005, 13:24
von Voland
Ich habe ja nicht behauptet, dass es realistisch ist. Es passt zu den damaligen Filmen aus Hollywood und scheint diese durch die "Vorgeschichte zum Ende" zu persiflieren.