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Neues aus Cannes
Verfasst: Do 12. Mai 2005, 23:48
von Murillo
[color=darkred]www.spiegel.de[/color] hat geschrieben:Was tun mit den schönen Frauen?
Von Lars-Olav Beier
Die 58. Festspiele von Cannes kommen nur mühsam in Gang. Während das Wetter besser ist als erwartet, gilt für die Filme das Gegenteil: Der Kurde Hiner Saleem und der Japaner Masahiro Kobayashi stellen die Geduld der Zuschauer auf die Probe, während Woody Allen in "Match Point" Scarlett Johansson demontiert.
Mit schönen Frauen schöne Dinge zu tun, gehöre zum Wesen des Kinos, hat Truffaut einst gesagt. Auf der Croisette, dem prachtvollsten Laufsteg der Welt, hat man keinen Zweifel, dass es gar zum Wesen des Lebens gehört. Doch in seinem neuen Film "Match Point", der in Cannes außer Konkurrenz läuft, tut Woody Allen mit Scarlett Johansson, derzeit einer der schönsten Frauen des Weltkinos, ein paar hässliche Dinge - und das fällt hier ganz besonders unangenehm auf.
Verzweifelt telefoniert sie in dem Film als amerikanische Jungschauspielerin in London einem Emporkömmling hinterher, der sie geschwängert hat, aber nicht heiraten will; sie lässt sich von ihm hinhalten, nach Strich und Faden belügen, bis er sie am Ende ohne jede Leidenschaft aus schierem Kalkül über den Haufen schießt - eine Demontage, schlimmer noch als jene, die einst Sharon Stone in "Casino" durch Martin Scorsese widerfuhr. Frauen, die uns im Kino um den Verstand bringen können, so zu behandeln, ist ein Verbrechen. Da wird Johansson, die auf der Leinwand strahlt wie nur wenige Schauspielerinnen, vom Regisseur von Szene zu Szene immer mehr runtergedimmt - und am Ende dreht er ihr einfach nur das letzte verbliebene, bereits spärliche Lebenslicht ab. So hat der Zuschauer, noch bevor der Film zu Ende ist, das Gefühl, auf eine schwarze Leinwand zu schauen.
Völlig zu Recht also läuft "Match Point" in Cannes nicht im Wettbewerb. Der Film wirkt, als habe der eingeschworene New Yorker Allen Stendhals Roman "Rot und Schwarz" ins London von heute verlegt - ein doppeltes Auswärtsspiel, das nur schwer zu gewinnen ist. Irgendwie macht sich in diesem Gesellschaftsdrama, das den Aufstieg seines unterprivilegierten Helden - eines begnadeten, von Jonathan Rhys Meyers verkörperten Tennisspielers - beschreibt, eine britische Steifheit breit, eine gänzlich unangemessene vornehme Zurückhaltung, die sich nahezu jede Scharfzüngigkeit verkneift.
Doch natürlich muss es die Franzosen stolz machen, nun auch von Woody Allen zu erfahren, dass der Ursprung aller Filmstoffe in der französischen Literatur liegt - ebenso wie die Zukunft aller verzweifelten Filmhelden. Nicht nur das Herz von Festivalchef Thierry Frémaux dürfte darüber höher schlagen, dass in "Kilomètre Zéro", dem Wettbewerbs-Beitrag des im Irak geborenen Kurden Hiner Saleem, selbst ein völlig verregnetes Paris für Flüchtlinge aus dem Mittleren Osten wie eine reine Oase erscheint - und sich am Ende keineswegs als Fata Morgana erweist.
"Kilomètre Zéro" erzählt von einem kurdischen Familienvater, der Ende der achtziger Jahre in die irakische Armee eingezogen wird, um gegen den Iran zu kämpfen. An der Front angekommen, hofft er nur, dass ihm ein Bein abgeschossen werde, damit er als Invalide möglichst bald - und vor allem lebend - zu seiner schönen Frau zurückkehren kann. Zu seinem Glück darf er zwar alle seine Extremitäten behalten, muss aber einen gefallenen Kameraden im Sarg quer durch die Wüste chauffieren. Sehr angestrengt bemüht sich Saleem um skurrilen Humor, doch viele der Gags wollen - pardon - nicht so recht zünden.
Mehrfach lässt Saleem einen LKW, auf dem sich eine Saddam-Hussein-Statue befindet, zusammen mit den Leichentransportern durchs Bild fahren: damit auch niemand übersieht, für wessen Ruhmessucht die Männer ihr Leben lassen. In einer Szene hält eine Kuh unmittelbar vor einem der Leichenwagen, bleibt kurz stehen - und erleichtert sich. Schauspieler, soll Hitchcock mal gesagt haben, seien Rinder. Dieses Rind jedenfalls hat seinen Einsatz auf den Punkt genau getroffen.
Auch der Japaner Masahiro Kobayashi gibt der Heldin seines Films "Bashing" eine Vergangenheit im Irak: Freiwillig zog Yuko (Fusako Urabe) nach der alliierten Invasion in das Kriegsgebiet, geriet dort in Geiselhaft, wurde wieder freigelassen und wird seit ihrer Rückkehr in die Heimat von ihren Landsleuten übel drangsaliert. Selbst ihr Vater verliert seinen Job - und bald darauf sein Leben. "Bashing" ist das genaue Gegenteil eines Werbefilms für Japan: Trübe und trostlos erscheint das Land, gemein oder lethargisch wirken seine Bewohner. Angesichts dieser Tristesse verließen die Journalisten schon in der Mitte des Films scharenweise den Saal - von ihren verbleibenden Kollegen neidvoll beäugt wie von Sträflingen, die noch zehn Jahre absitzen müssen, während ihre Zellengenossen gerade auf freien Fuß kommen.
Da macht es Fatih Akin, dieses Jahr auch Jury-Mitglied, seinen Zuschauern und Zuhörern in seiner Dokumentation "Crossing the Bridge - The Sound of Istanbul" dann doch erheblich leichter: Der Film ist trotz aller konzeptionellen Schwächen und eines etwas onkelhaften Alexander Hacke (dem Bassisten der "Einstürzenden Neubauten") in der Rolle eines musikalischen Fremdenführers eine kurzweilige Tour de Force durch die vielfältige Musik-Szene der Metropole am Bosporus und feiert - was in Cannes auf den Straßen viel selbstverständlicher ist als auf der Leinwand - ganz unverhohlen die Lebensfreude.
Verfasst: Fr 13. Mai 2005, 09:31
von Detlef P.
Auf den von Woody Allen bin ich ja mal gespannt.
Bei imdb steht als Genre Drama/Thriller!
Das wäre der erste Thriller von ihm und zudem der erste Film der nicht in New York spielt.
Verfasst: Di 17. Mai 2005, 17:04
von Murillo
www.blick.ch hat geschrieben:Cannes kann kaum noch warten
CANNES � Mit «Lemming» von Dominik Moll und vielen Schönheiten wurden die Filmfestspiele von Cannes eröffnet. Highlight dieses Jahr: Die Weltpremiere des letzten Star-Wars-Films.
Während elf Tagen steigen am weltweit wichtigsten Filmfestival insgesamt 21 Filme in den Kampf um die goldene Palme. Gezeigt werden unter anderem die neuen Filme von Wim Wenders, Lars von Trier, Jim Jarmusch, Michael Haneke oder Amos Gitai.
Eröffnet wurde das Festival mit «Lemming» des 42-jährigen Franzosen Dominik Moll. Insgesamt ist Europa dieses Jahr mit sieben Filmen eher schwach vertreten. Dafür nehmen gleich sechs Beiträge aus dem asiatischen Raum teil. Je sechs weitere Filme kommen aus den USA und aus Kanada.
Jury-Präsident ist heuer der Serbe Emir Kusturica, der seinerseits für «Underground» aus dem Jahr 1995 bereits die goldene Palme gewann. Ihm zur Seite sitzen unter anderen die Regisseurin Agnès Varda und die Schauspielerin Salma Hayek.
Am meisten zu reden gibt aber ein Film, der ausser Konkurrenz läuft. Für Sonntag steht die Weltpremiere von «Star Wars � Episode III � Revenge of the Sith» von George Lucas auf dem Programm, der mit dem Film die Science-Fiction-Saga endgültig abschliesst.
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"Episode 3" das Highlight von Cannes Muahahahaha

Verfasst: Di 17. Mai 2005, 20:17
von Murillo
www.variety.com hat geschrieben:Lynch invades an 'Empire'
Digital pic details a mystery
By ADAM DAWTREY
David Lynch is making a new movie with StudioCanal. In fact, he's already been shooting it under the radar for two years.
Titled "INLAND EMPIRE" (in capitals, though Lynch doesn't explain why), it stars Laura Dern, along with Justin Theroux, Harry Dean Stanton, Jeremy Irons and a host of others Lynch won't specify.
In fact, there's still very little the enigmatic Lynch is comfortable to reveal about the movie.
"It's about a woman in trouble, and it's a mystery, and that's about all I want to say about it," he comments diffidently.
The title refers to the bleak residential area on the edge of the desert near L.A. -- the antithesis of the tony locale of his last movie "Mulholland Drive."
Lynch has shot much of his latest film in Poland with local actors, after making friends with the organizers of the Camerimage festival in Lodz. He's now back shooting in and around Los Angeles.
Even at this relatively advanced stage of production, Lynch is cagey about when it will be finished. But it's understood that StudioCanal is aiming for a world preem at Cannes next year.
"Making a film is a beautiful mystery," Lynch says. "You go deep into the wood, and you don't want to come out of that wood, but the time is coming very soon when I will have to."
Lynch has financed the production to date from his own resources, with his wife and longtime artistic collaborator Mary Sweeney producing. The budget is unknown.
StudioCanal, which financed "Mulholland Drive" and "The Straight Story," has come aboard "INLAND EMPIRE" to handle worldwide sales.
Digital convert
What Lynch will reveal -- and indeed, waxes lyrical about -- is the fact that he's shooting the movie on digital video.
"I started working in DV for my Web site, and I fell in love with the medium. It's unbelievable, the freedom and the incredible different possibilities it affords, in shooting and in post-production."
"For me, there's no way back to film. I'm done with it," Lynch says. "I love abstraction. Film is a beautiful medium, but it's very slow and you don't get a chance to try a lot of different things. With DV, you get those chances. And in post-production, if you can think it, you can do it."
DV has clearly given Lynch the freedom from having to clarify his intentions -- to financiers, or even to himself -- before he starts shooting.
"The explaining of things in words is always a huge problem," he confesses.
He characterizes the DV production process as a journey of "huge exploration" to discover what his film will be.
"I'm writing as I go," he says. "I believe in the unity of things. When you have one part, and then a second part that doesn't relate to that first part, it's very curious to find that they do relate after all. It's a most beautiful thing."
He also believes that it produces a different kind of performances from actors. "When you run out of film, you have to stop and reload, and during that time the heat sometimes goes off. But with this medium you can keep that heat, and it builds, and it's beautiful to see."
He says that Dern, in particular, has benefited from this freedom. "She's the most incredible actress. Some people get roles and do their thing, but some have a lot more inside and don't usually get the chance to show it."
As for the quality of the DV image, Lynch says, "It looks different. Some would say it looks bad. But it reminds me of early 35mm, that didn't have that tight grain. When you have a poor image, there's lots more room to dream."
"But I've done tests transferring DV to film, and there are all kinds of controls to dial in the look you want."
Endlich mal richtig gute Nachrichten.

Nun können wir anfangen, Lynchs Kommentare zu interpretieren.

Verfasst: Fr 20. Mai 2005, 17:07
von Murillo
"Von Sklaven und Kurt Cobain: Neues aus Cannes © Sat.1
Die Hälfte des 58. Filmfestivals von Cannes ist vorbei. Im diesmal soliden Wettbewerb zeigen sich erste Favoriten und viel Kritik an Amerika.
Von Sascha Rettig, Cannes
Lars von Trier ist ein Amerikaner. Das sagte der dänische Regisseur bei den Filmfestspielen in Cannes zumindest über sich selbst und das, obwohl er nach eigenem Bekenntnis noch nie einen Fuß auf amerikanischen Boden gesetzt hat. "Amerika sitzt auf der Welt", klagte er bei der Pressekonferenz zu seinem Wettbewerbsbeitrag "Manderlay". "6o Prozent meiner Wahrnehmung ist von Amerika besetzt." Und überhaupt, so von Trier später noch, sei Präsident Bush "ein Arschloch".
Mit "Manderlay" schlägt er das zweite Kapitel seiner Amerika-kritischen USA-Trilogie auf und knüpft in seiner Inszenierungsweise an den Vorgänger "Dogville" an: Von Triers artifizielle Vision Amerikas entstand wieder komplett auf einer Soundstage im Studio. Weitestgehend ohne Kulissen und Requisiten, mit aufgezeichneten Wegen und Bäumen und mit völliger Konzentration auf die hervorragenden Darsteller - unter anderem Danny Glover und Lauren Bacall - und die Geschichte.
Bei dieser weiteren Facette seiner düster-kritischen Ansichten der USA kümmert sich von Trier um die Sklaverei und lässt seine in "Dogville" so aufgeopferte Hauptfigur Grace - nach Nicole Kidman gespielt von Bryce Dallas Howard - mit fast lächerlichem Idealismus Tatkraft beweisen: Im Dörfchen Manderlay, wo selbst 1933 die Sklaverei noch nicht abgeschafft wurde, will sie die Sklaven einer Baumwollfarm befreien. Die wollen letztlich allerdings nicht wirklich befreit werden, und so wird der Film zur provokanten und sarkastischen Allegorie auf die Nachwirkungen der Sklaverei und rassistischen Unterdrückung - wobei sich durchaus auch ein Bogen zum Irak-Krieg schlagen lässt.
Der Bunker als Spaceship
Warum sich von Trier zwangsweise als Amerikaner fühlt, wird deutlich, wenn man sieht, wie imperialistisch die Sternenkrieger am Wochenende über Cannes hergefallen sind. Mit weißem Nebel, einem Dutzend Storm Troopers und Darth Vader höchstpersönlich, dessen metallisch röchelnder Atem über den roten Teppich wehte, wurde bei der Weltpremiere von "Episode III" der Cannes-Festival-Bunker kurzzeitig zum intergalaktischen Raumgleiter. Drumherum löste das einen Massenandrang aus, standen tausende Menschen bis in die Gassen um das Palais, um sich kreischend begeistert anzusehen, wie Lucas mit seinen Darstellern Hayden Christensen, Natalie Portman und Samuel L. Jackson zur Präsentation des "Missing Link" im Palais verschwand.
Denn mit "Episode III" setzt sich das große Ganze der beiden Trilogien endlich zusammen. Der Jedi Anakin Skywalker lässt sich aus Angst um seine Liebe von der dunklen Macht vereinnahmen und wird zu Darth Vader, während das finstere Effektgewitter - man wollte es nach den beiden Vorgängern kaum glauben - an die Qualität der ersten Trilogie anknüpft. "Es ist im Grunde genommen die Tragödie Darth Vaders", sagte Lucas, bevor er auf dem eigens in Cannes vor Anker gegangenen Luxusliner Queen Mary 2 einen Ehrenpreis des Festivals bekam.
Die letzten Tage des Rockstars
Der Wettbewerb ist nach den Enttäuschungen den vergangenen zwei Jahren recht solide und wird zunehmend stärker. Totalausfälle gab es bis zur Halbzeit nicht, auch wenn ein paar der etablierten Filmemacher und Autoren etwas unter ihren Möglichkeiten blieben. Hong-Kong-Filmer Johnnie To etwa gab sich mit seinem komplizierten Triaden-Thriller "Election" schusswechsel- und actionarm wie nie. Und Atom Egoyan, bekannt für seine klaren filmischen Versuchsanordnungen und suggestiven Kinopuzzles, hat mit dem lauwarm aufgenommenen "Where the Truth Lies" nicht mehr als einen gut aussehenden Mainstream-Krimi im Showbiz der 50er und 70er Jahre gedreht.
Auch in "Last Days" widmet sich Gus Van Sant der dunklen Seite des Show- und Musikgeschäfts: In seinem Wettbewerbsfilm zeigt er die letzten Tage im Leben des einstigen Nirvana-Sängers Kurt Cobain, der 1994 mit seinem Selbstmord zum Grunge-Christus wurde und eine ganze Teeniegeneration mit seinen Songs verdunkelte. Wie schon "Gerry" oder "Elephant", vor zwei Jahren in Cannes mit Goldener Palme und Regiepreis doppelt ausgezeichnet, hat van Sant "Last Days" mit absorbierend minimalistischen Bildern in Szene gesetzt. Er vermischt Cobain-Biografisches mit Ausgedachtem, greift erneut auf eine verschlungene, Perspektiven wechselnde Erzählweise zurück und lässt seinen drogenzerfressenen Rockstar völlig derangiert durch Wald und Villa laufen.
Weil van Sant allerdings die Rechte zur Verfilmung von Cobains Leben nicht bekam, heißt der Rockstar hier Blake. Und weil er die Rechte an den Nirvana-Songs auch nicht bekam, singt der Hauptdarsteller hier zwei Mal selbst. Beim suggestiv expressiven Sounddesign des Films wechseln sich ansonsten Velvet Undergrounds "Venus in Furs" mit Opernarien ab. Die nuschelnde, kaputte, schlurfende Vorstellung des Hauptdarstellers Michael Pitt hat dabei die Kritiker in Cannes so gespalten wie der gesamte Film.
Erste Favoriten
"Last Days" gehört trotzdem bisher ebenso zu den Favoriten des Wettbewerbs wie Michael Hanekes "Caché" oder David Cronenbergs "A History of Violence" - beides für die Regisseure äußerst zugängliche und regelrecht publikumsfreundliche Werke: Im Film des Kanadiers Cronenberg bricht die Gewalt in eine amerikanische Kleinstadt und die ironisch porträtierte Idylle einer Familie ein. Geradeaus und direkt erzählt, bleibt dieser für den Regisseur sogar ungewöhnlich witzige Thriller völlig unvorhersehbar und greift einige von Cronenbergs favorisierten Themen von expliziten Gewaltausbrüchen bis zur Frage nach verborgenen Identitäten auf. Sein Hauptdarsteller Mortensen lotet dabei gekonnt die beiden Seiten seiner Figur aus: den liebenden, sympatischen Familienvater und den in seiner eruptiven Gewalt fast Natural-Born-Killer.
Auch der Österreicher Haneke, der die meisten seiner Filme mittlerweile in Frankreich dreht und dem trotz einiger Auszeichnungen die Goldene Palme bislang verwehrt blieb, hat mit "Caché" so etwas wie einen Thriller gedreht. Die Familie eines TV-Moderators, den Daniel Auteuil als einen mit arroganter Selbstsicherheit in seiner Bildungsbürgerexistenz geerdeten Mann spielt, bekommt beängstigende Videobänder zugeschickt. Ein Unbekannter beobachtet sie - in zunehmend intimeren Situationen.
Langsam steigert Haneke die Bedrohung, zeigt mit psychologischer Genauigkeit, wie das Paar - Juliette Binoche spielet die Frau - auseinander driftet und schafft mit Bezügen zum Algerienkrieg letztlich einen für seine Verhältnisse äußerst zugänglichen Film über die Verdrängung von Schuld. Eine Auflösung gibt "Caché" allerdings nicht. Angesichts der zahllosen Kameras, die in Cannes überall auf alles und jeden gerichtet sind, hinterlässt der Film jedenfalls ein äußerst unwohles Gefühl."
(N24.de, Netzeitung)
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Verfasst: Mo 23. Mai 2005, 17:56
von Murillo
Jean-Pierre und Luc Dardenne sind am Samstagabend für ihr realistisches Drama "L'enfant" (Das Kind) mit der Goldenen Palme ausgezeichnet worden. Die Brüder nahmen den Filmpreis aus den Händen der Oscar-Preisträger Hilary Swank und Morgan Freeman entgegen.
Es ist die zweite Palme für die Filmemacher nach dem Preis für �Rosetta� im Jahr 1999. Den Großen Preis der Jury gewann der amerikanische Filmemacher Jim Jarmusch für "Broken Flowers". Der deutsche Regisseur Wim Wenders, der vergangene Woche nach der Premiere von "Don't Come Knocking" mit tosendem Applaus gefeiert worden war, ging bei den Preisen leer aus.
Regiepreis für "Caché"
Der Österreicher Michael Haneke nahm den Regiepreis für seinen verstörenden Film "Caché" (Versteckt) entgegen � eine französische Produktion. Der Preis der Jury ging an die in den 80er-Jahren angesiedelte Familiengeschichte "Shanghai Dreams" von Wang Xiaoshuai. Für den chinesischen Filmemacher dürfte dies wohl das schönste Geschenk zum 39. Geburtstag gewesen sein.
Überraschungen gab es bei den Darstellerpreisen: Der Amerikaner Tommy Lee Jones, der in seinem zeitgenössischen Western "The Three Burials of Meliquiades Estrada" zum ersten Mal auch selbst Regie geführt hatte, wurde als bester Schauspieler ausgezeichnet. Den Preis übergab dies panische Filmschönheit Penélope Cruz. Zur besten Schauspielerin wurde die Israelin Hanna Laslo für ihre Leistung in "Free Zone" von Amos Gitai gekürt.
"Auch ein bisschen politisch motiviert"
Jurypräsident Emir Kusturica sagte vor der Gala, die Entscheidung sei von ästhetischen Kriterien geprägt und auch ein bisschen politisch motiviert. Man dürfe durchaus überrascht sein, die Jury habe aber "nicht radikal" entschieden. Regisseur Fatih Akin meinte als Mitglied der Jury beim Einzug ins Palais: "Ich habe einen Regenbogen im Herzen. Ich freue mich für die, die gewinnen. Aber manche, die leer ausgegangen sind, tun mir auch Leid."
Mit der von der französischen Schauspielerin Cécile de France moderierten Preisvergabe endete ein Wettbewerbsprogramm, das nach Ansicht vieler Beobachter nur wenige eindeutige Höhepunkte hatte. Im Anschluss an die Gala war der britische Film "Chromophobia" von Martha Fiennes zu sehen, der einzige Film einer Frau in der offiziellen Wettbewerbsselektion. Ihren offiziellen Abschluss erleben die Festspiele an diesem Sonntagabend mit der Wiederholung des Gewinnerfilms im Festivalpalais.
(
www.cinema.de)