FAZ-Requiem für deutsche Filmindustrie
Verfasst: Fr 19. Aug 2005, 13:09
Die Party ist vorbei
Von Michael Hanfeld
18. August 2005 Die fetten Jahre sind vorbei. Schon lange. Eine ganze Generation lang, will einem scheinen. Und es liegt nicht nur am Geld, das nicht wirklich fehlt, aber immer seltener an der richtigen Stelle eingesetzt wird. Es liegt an einer anderen Art von Verarmung, an fehlendem Mut zum Risiko und daran, daß die eingefahrenen Bahnen immer breiter werden. Was links und rechts der vorgefertigten Erwartung liegt, die vor allem auf kommerzielle Verwertung abstellt, das gerät ins Abseits. Wer sich darauf nicht einstellt, nicht von Beginn an mitmacht und sich nicht zufriedengibt, der kommt erst gar nicht ins Geschäft.
Wovon die Rede ist? Von der absterbenden Symbiose zwischen Film und Fernsehen in diesem Land. Vom Verstummen des Dialogs. Des Dialogs zwischen denen, die als junge Filmemacher, Regisseure und Autoren die hiesigen Filmhochschulen verlassen und feststellen, daß sie vor dem Nichts stehen. Und denen, die als Türhüter und Finanzverwalter eines Systems, das genügend Ressourcen bereithält, die Schotten dichtmachen und vergessen haben, daß es beim Filmemachen auch um Kunst geht.
Bruch zwischen Kino und Fernsehen
Die leider darauf angewiesen ist, daß andere mitmachen, Geld geben, Projekte fördern. Das klingt allgemein und abgedroschen, nach einem Lamento, das nicht neu ist. Neu aber ist, daß es - zumindest aus Sicht der jungen Leute, die von den Filmhochschulen kommen, um Kino und Fernsehen zu machen - so etwas wie einen Bruch gibt, der die Filmemacher ins innere Exil treibt.
Das drückt sich aus in Stimmen, welche die Managerin des Nachwuchspreises „First Steps”, Andrea Hohnen, eingefangen hat. Ins Leben gerufen vor fünf Jahren von den Produzenten Bernd Eichinger und Nico Hofmann, unterstützt unter anderem von Sat.1, „Spiegel” und Daimler-Chrysler, setzt sich dieser Wettbewerb das Ziel, die Abschlußfilme deutscher Filmstudenten fast in Gänze zu sichten und die - nach Jurymeinung - besten auszuzeichnen, die besten Spiel-, Dokumentar- und Werbefilme.
Der schwerste Film aber ist der nächste, der zweite, der erste, der sich in Kino und Fernsehen bei einem größeren Publikum und möglichst auch kommerziell beweisen muß. Und von diesem Film, der häufig nie gedreht wird, handeln die Selbstbeschreibungen junger Filmemacher, die anonym bleiben wollen, weil sie die Chance auf ihren „zweiten” Film wahren müssen. Sie gewähren einen Einblick in den deutschen Filmbetrieb, der mehr als ernüchternd ist. Wir zitieren.
Eigene Handschrift ist nicht gefragt
„Fernsehredaktionen, die überhaupt Sendeplätze für einen unformatierten Dokumentarfilm haben, kann man an einer Hand abzählen. Die meisten Redaktionen haben klare Vorstellungen und Muster, die es zu erfüllen gilt: Länge, Thema, Dramaturgie, mit Kommentar und Interviews vor wechselnden Hintergründen. Nichts ist hier weniger gefragt als eine eigene Handschrift. Das Fernsehen ist in seiner Struktur seriell angelegt. Immer geht es um Wiedererkennbarkeit, um Termine, die es einzuhalten gilt, sicheres finanzielles Planen. Einzelstücke sind also nur als Ausrutscher möglich. Jeden Film, den ich bei einer Redaktion unterbringe, empfinde ich als Geschenk.”
Keine zweite Chance
„Leider bekommt man heute nach einem künstlerischen oder finanziellen Mißerfolg keine Chance mehr. Denn nur wenige haben das Glück einer langfristigen Allianz mit einer Redaktion oder einer Produktionsfirma, bei der man gemeinsam aus Fehlern lernt und miteinander weiterentwickelt. Dieses System wird sich in absehbarer Zeit kaum ändern. Es bleibt nur, dem innerlich etwas entgegenzusetzen.”
„Letztes Jahr hatte ich nach einer Rohschnittabnahme mit drei Redakteuren zunächst das Gefühl, nie mehr einen Film machen zu wollen. Dabei war es weniger die Kritik an der gezeigten Schnittfassung, die mich so deprimierte, sondern die respektlose, herablassende Art, mit der über meine Arbeit und die meines Teams gesprochen wurde. Damals wurde mir klar wie nie zuvor, daß man eine sehr große positive Energie braucht, wenn man solche Krisen überstehen will.”
Andere Allianzen knüpfen
„Es scheint mir, daß das Fernsehen als Hauptpartner für Dokumentarfilme immer weniger interessant ist. Vielleicht ist es notwendig andere Allianzen zu knüpfen, den Dokumentarfilm stärker im Kino, in der Kunst, in der Öffentlichkeitsarbeit zu verankern. Die Vorstellung, daß das Fernsehen als Leitmedium verbraucht ist, gefällt mir zunehmend.”
Gemeingefährliche Utopie
„Die Vorstellung, daß in Deutschland eine Industrie heranwachsen werde, die alle jetzigen und künftigen Filmstudenten ernähren kann, jedem ein dickes Auto und prall gefüllte Bankkonten ermöglicht, scheint eine gemeingefährliche Utopie zu sein. Sie hat vor Jahren eine Hysterie ausgelöst, in der wir Nachkriegswohlstandskinder ganz willkommen aufgegangen sind. Das war nicht lange möglich. Niemand vergibt das Recht, Filme drehen zu müssen.”
„Ich habe nach dem letzten Film Pause gemacht, um mir noch mal klarzuwerden, was ich eigentlich erzählen will. Dann ein paar Bücher ausgeschlagen (von denen ich mittlerweile weiß, daß sie ebenso in der Entwicklung versandet sind) und nun den befremdlichen Eindruck bekommen, daß ich lange im Ausland war und jetzt alte Bekannte besuche, die einen anders anschauen als früher. Vielleicht haben sie neue Bekannte gefunden.”
Film ist wie ein Haus
„Manchmal kommt es mir vor, als wäre ein Film bei uns wie ein Haus, bei dem jeder mal mitbauen darf. Die Fenster werden nur genommen, wenn sie allen gefallen, und die Türen haben alle zehn Zentimeter eine Klinke, damit sie jeder öffnen kann, ohne sich bücken zu müssen.”
Allen gefallen, alle zehn Zentimeter eine Klinke, damit jeder reinkommt, wann und wo und wie er will: Nicht nur bei Wettbewerben, sondern auch im Kino und danach im Fernsehen zeigt sich immer wieder, daß so ein herausragender Film nie entsteht, nicht „Alles auf Zucker” von Dani Levy, der dieses Jahr als Preisträger den Deutschen Filmpreis monopolisierte, nicht „Muxmäuschenstill”, mit dem sich im vergangenen Jahr die beiden Schauspieler Jan Henrik Stahlberg und Marcus Mittermeier erfolgreich durch die Programmkinos zogen, ja nicht einmal ein Unterhaltungsblockbuster wie „Der Schuh des Manitu” oder „(T)Raumschiff Surprise” von Michael Herbig.
Jugend ohne Gott
Geschweige denn außergewöhnliche Nachwuchsfilme wie - um nur ein Beispiel aus der Auswahl von „First Steps” zu nennen - „Kombat Sechzehn” von Mirko Borscht. Dies ist ein Film, der mit Tabus bricht und zeigt, wie Faschismus im Alltag entsteht, wie der Rechtsradikalismus vor allem in den neuen Ländern zur Jugendkultur geworden ist: Der sechzehnjährige Georg (Florian Bartholomäi) zieht mit seinem Vater von Frankfurt am Main nach Frankfurt an der Oder. Die erste Frage, die ihm seine Mitschüler in der neuen Klasse stellen, ist: Wo stehst du politisch? Links oder rechts? Bist du für uns oder gegen uns, wird der junge Kampfsportler gefragt, der bald um sein schieres Überleben kämpft.
Er kommt in eine Welt, in der eine Jugend ohne Gott und die nackte Gewalt herrschen, Lehrer und Eltern spielen hier keine Rolle mehr, sie nehmen nicht einmal mehr wahr, wie eine Generation vor die Hunde geht. Bei seiner Aufführung auf dem Max-Ophüls-Filmfestival in Saarbrücken hat dieser Film für Furore und Tumult gesorgt, weil er so deutlich und drastisch wie kein zweiter vor Augen führt, was einem in diesem Land widerfahren kann, wenn man sechzehn ist und keine Träume mehr haben darf. Es ist ein einziges Aufbäumen und ein Aufschrei nach Zuwendung in einer eiskalten, gleichgültigen Welt.
Jammern ist sinnlos
In „Kombat Sechzehn” (und nicht nur in diesem Film) finden wir inhaltlich gewissermaßen eine Entsprechung zu dem, was die jungen Filmemacher von ihrem Metier generell sagen: Uns hört ja keiner, das interessiert ja keinen, die sind mit sich selbst beschäftigt und wollen uns nicht. Und was sagen die Altvorderen, die einst selbst antraten, ein bißchen Revolution zu machen, zu diesem Befund? Alle sind schuld, sagt der Autor Michael Gutmann: Die Filmschulen, weil sie darauf beharren, daß die Ausbildung zum Regisseur die Königsdisziplin ist; die Filmpreise, weil sie die Autoren ignorieren; die alten Regisseure, weil sie nicht aufhören können; das Fernsehen, weil es grundsätzlich immer an allem schuld ist; die jungen Zuschauer, weil sie sich die Filme der jungen Macher anschauen sollten, und die jungen Regisseure selbst - „wenn sie es nicht schaffen, sich ihr eigenes Publikum zu erobern”.
Darüber zu jammern sei sinnlos: „Das Leben ist ernst, und die Party ist irgendwann vorbei.” Und was empfiehlt Rosa von Praunheim, der Regisseur, der den Mainstream nicht kennt? „Machen, machen, machen.” Neue Inhalte, neue Formen, eine Gegenkultur, „von unten, von den Verrückten, den Unangepaßten, den Besessenen”. Vielleicht sei „diese Generation in ihrer Angepaßtheit und Lebensangst und Verwöhntheit nicht mehr zu retten”, meint Praunheim: „Meine Hoffnung ist die Zukunft.”
(www.faz.net)
Von Michael Hanfeld
18. August 2005 Die fetten Jahre sind vorbei. Schon lange. Eine ganze Generation lang, will einem scheinen. Und es liegt nicht nur am Geld, das nicht wirklich fehlt, aber immer seltener an der richtigen Stelle eingesetzt wird. Es liegt an einer anderen Art von Verarmung, an fehlendem Mut zum Risiko und daran, daß die eingefahrenen Bahnen immer breiter werden. Was links und rechts der vorgefertigten Erwartung liegt, die vor allem auf kommerzielle Verwertung abstellt, das gerät ins Abseits. Wer sich darauf nicht einstellt, nicht von Beginn an mitmacht und sich nicht zufriedengibt, der kommt erst gar nicht ins Geschäft.
Wovon die Rede ist? Von der absterbenden Symbiose zwischen Film und Fernsehen in diesem Land. Vom Verstummen des Dialogs. Des Dialogs zwischen denen, die als junge Filmemacher, Regisseure und Autoren die hiesigen Filmhochschulen verlassen und feststellen, daß sie vor dem Nichts stehen. Und denen, die als Türhüter und Finanzverwalter eines Systems, das genügend Ressourcen bereithält, die Schotten dichtmachen und vergessen haben, daß es beim Filmemachen auch um Kunst geht.
Bruch zwischen Kino und Fernsehen
Die leider darauf angewiesen ist, daß andere mitmachen, Geld geben, Projekte fördern. Das klingt allgemein und abgedroschen, nach einem Lamento, das nicht neu ist. Neu aber ist, daß es - zumindest aus Sicht der jungen Leute, die von den Filmhochschulen kommen, um Kino und Fernsehen zu machen - so etwas wie einen Bruch gibt, der die Filmemacher ins innere Exil treibt.
Das drückt sich aus in Stimmen, welche die Managerin des Nachwuchspreises „First Steps”, Andrea Hohnen, eingefangen hat. Ins Leben gerufen vor fünf Jahren von den Produzenten Bernd Eichinger und Nico Hofmann, unterstützt unter anderem von Sat.1, „Spiegel” und Daimler-Chrysler, setzt sich dieser Wettbewerb das Ziel, die Abschlußfilme deutscher Filmstudenten fast in Gänze zu sichten und die - nach Jurymeinung - besten auszuzeichnen, die besten Spiel-, Dokumentar- und Werbefilme.
Der schwerste Film aber ist der nächste, der zweite, der erste, der sich in Kino und Fernsehen bei einem größeren Publikum und möglichst auch kommerziell beweisen muß. Und von diesem Film, der häufig nie gedreht wird, handeln die Selbstbeschreibungen junger Filmemacher, die anonym bleiben wollen, weil sie die Chance auf ihren „zweiten” Film wahren müssen. Sie gewähren einen Einblick in den deutschen Filmbetrieb, der mehr als ernüchternd ist. Wir zitieren.
Eigene Handschrift ist nicht gefragt
„Fernsehredaktionen, die überhaupt Sendeplätze für einen unformatierten Dokumentarfilm haben, kann man an einer Hand abzählen. Die meisten Redaktionen haben klare Vorstellungen und Muster, die es zu erfüllen gilt: Länge, Thema, Dramaturgie, mit Kommentar und Interviews vor wechselnden Hintergründen. Nichts ist hier weniger gefragt als eine eigene Handschrift. Das Fernsehen ist in seiner Struktur seriell angelegt. Immer geht es um Wiedererkennbarkeit, um Termine, die es einzuhalten gilt, sicheres finanzielles Planen. Einzelstücke sind also nur als Ausrutscher möglich. Jeden Film, den ich bei einer Redaktion unterbringe, empfinde ich als Geschenk.”
Keine zweite Chance
„Leider bekommt man heute nach einem künstlerischen oder finanziellen Mißerfolg keine Chance mehr. Denn nur wenige haben das Glück einer langfristigen Allianz mit einer Redaktion oder einer Produktionsfirma, bei der man gemeinsam aus Fehlern lernt und miteinander weiterentwickelt. Dieses System wird sich in absehbarer Zeit kaum ändern. Es bleibt nur, dem innerlich etwas entgegenzusetzen.”
„Letztes Jahr hatte ich nach einer Rohschnittabnahme mit drei Redakteuren zunächst das Gefühl, nie mehr einen Film machen zu wollen. Dabei war es weniger die Kritik an der gezeigten Schnittfassung, die mich so deprimierte, sondern die respektlose, herablassende Art, mit der über meine Arbeit und die meines Teams gesprochen wurde. Damals wurde mir klar wie nie zuvor, daß man eine sehr große positive Energie braucht, wenn man solche Krisen überstehen will.”
Andere Allianzen knüpfen
„Es scheint mir, daß das Fernsehen als Hauptpartner für Dokumentarfilme immer weniger interessant ist. Vielleicht ist es notwendig andere Allianzen zu knüpfen, den Dokumentarfilm stärker im Kino, in der Kunst, in der Öffentlichkeitsarbeit zu verankern. Die Vorstellung, daß das Fernsehen als Leitmedium verbraucht ist, gefällt mir zunehmend.”
Gemeingefährliche Utopie
„Die Vorstellung, daß in Deutschland eine Industrie heranwachsen werde, die alle jetzigen und künftigen Filmstudenten ernähren kann, jedem ein dickes Auto und prall gefüllte Bankkonten ermöglicht, scheint eine gemeingefährliche Utopie zu sein. Sie hat vor Jahren eine Hysterie ausgelöst, in der wir Nachkriegswohlstandskinder ganz willkommen aufgegangen sind. Das war nicht lange möglich. Niemand vergibt das Recht, Filme drehen zu müssen.”
„Ich habe nach dem letzten Film Pause gemacht, um mir noch mal klarzuwerden, was ich eigentlich erzählen will. Dann ein paar Bücher ausgeschlagen (von denen ich mittlerweile weiß, daß sie ebenso in der Entwicklung versandet sind) und nun den befremdlichen Eindruck bekommen, daß ich lange im Ausland war und jetzt alte Bekannte besuche, die einen anders anschauen als früher. Vielleicht haben sie neue Bekannte gefunden.”
Film ist wie ein Haus
„Manchmal kommt es mir vor, als wäre ein Film bei uns wie ein Haus, bei dem jeder mal mitbauen darf. Die Fenster werden nur genommen, wenn sie allen gefallen, und die Türen haben alle zehn Zentimeter eine Klinke, damit sie jeder öffnen kann, ohne sich bücken zu müssen.”
Allen gefallen, alle zehn Zentimeter eine Klinke, damit jeder reinkommt, wann und wo und wie er will: Nicht nur bei Wettbewerben, sondern auch im Kino und danach im Fernsehen zeigt sich immer wieder, daß so ein herausragender Film nie entsteht, nicht „Alles auf Zucker” von Dani Levy, der dieses Jahr als Preisträger den Deutschen Filmpreis monopolisierte, nicht „Muxmäuschenstill”, mit dem sich im vergangenen Jahr die beiden Schauspieler Jan Henrik Stahlberg und Marcus Mittermeier erfolgreich durch die Programmkinos zogen, ja nicht einmal ein Unterhaltungsblockbuster wie „Der Schuh des Manitu” oder „(T)Raumschiff Surprise” von Michael Herbig.
Jugend ohne Gott
Geschweige denn außergewöhnliche Nachwuchsfilme wie - um nur ein Beispiel aus der Auswahl von „First Steps” zu nennen - „Kombat Sechzehn” von Mirko Borscht. Dies ist ein Film, der mit Tabus bricht und zeigt, wie Faschismus im Alltag entsteht, wie der Rechtsradikalismus vor allem in den neuen Ländern zur Jugendkultur geworden ist: Der sechzehnjährige Georg (Florian Bartholomäi) zieht mit seinem Vater von Frankfurt am Main nach Frankfurt an der Oder. Die erste Frage, die ihm seine Mitschüler in der neuen Klasse stellen, ist: Wo stehst du politisch? Links oder rechts? Bist du für uns oder gegen uns, wird der junge Kampfsportler gefragt, der bald um sein schieres Überleben kämpft.
Er kommt in eine Welt, in der eine Jugend ohne Gott und die nackte Gewalt herrschen, Lehrer und Eltern spielen hier keine Rolle mehr, sie nehmen nicht einmal mehr wahr, wie eine Generation vor die Hunde geht. Bei seiner Aufführung auf dem Max-Ophüls-Filmfestival in Saarbrücken hat dieser Film für Furore und Tumult gesorgt, weil er so deutlich und drastisch wie kein zweiter vor Augen führt, was einem in diesem Land widerfahren kann, wenn man sechzehn ist und keine Träume mehr haben darf. Es ist ein einziges Aufbäumen und ein Aufschrei nach Zuwendung in einer eiskalten, gleichgültigen Welt.
Jammern ist sinnlos
In „Kombat Sechzehn” (und nicht nur in diesem Film) finden wir inhaltlich gewissermaßen eine Entsprechung zu dem, was die jungen Filmemacher von ihrem Metier generell sagen: Uns hört ja keiner, das interessiert ja keinen, die sind mit sich selbst beschäftigt und wollen uns nicht. Und was sagen die Altvorderen, die einst selbst antraten, ein bißchen Revolution zu machen, zu diesem Befund? Alle sind schuld, sagt der Autor Michael Gutmann: Die Filmschulen, weil sie darauf beharren, daß die Ausbildung zum Regisseur die Königsdisziplin ist; die Filmpreise, weil sie die Autoren ignorieren; die alten Regisseure, weil sie nicht aufhören können; das Fernsehen, weil es grundsätzlich immer an allem schuld ist; die jungen Zuschauer, weil sie sich die Filme der jungen Macher anschauen sollten, und die jungen Regisseure selbst - „wenn sie es nicht schaffen, sich ihr eigenes Publikum zu erobern”.
Darüber zu jammern sei sinnlos: „Das Leben ist ernst, und die Party ist irgendwann vorbei.” Und was empfiehlt Rosa von Praunheim, der Regisseur, der den Mainstream nicht kennt? „Machen, machen, machen.” Neue Inhalte, neue Formen, eine Gegenkultur, „von unten, von den Verrückten, den Unangepaßten, den Besessenen”. Vielleicht sei „diese Generation in ihrer Angepaßtheit und Lebensangst und Verwöhntheit nicht mehr zu retten”, meint Praunheim: „Meine Hoffnung ist die Zukunft.”
(www.faz.net)