"Hundert und eine Nacht" wird wohl nicht sonderlich bekannt sein - auch ich vermutete erst eine Art Märchenfilm dahinter. Nun gut, mit Märchen hat es entfernt etwas zu tun, aber nichts mit orientalischen Märchen.
Dieser Film ist so umfangreich an Informationen und Detailfülle, sodass ich mich nach dem ersten Mal tatsächlich nicht im Stande fühlte, das alles zu überblicken.
Anlässlich der 100-Jahr-Feier des Kinos wurde von Agnès Varda ein Film herausgebracht. Das war also vor 10 Jahren, 1995. Und dieser Film ist sehr symbolhaft zu verstehen, wobei er aber nie langweilt. Ganz im Gegenteil, wer mit Namen wie Godard oder Welles etwas anfangen kann sollte es sich nicht nehmen lassen, mit Simon Cinéma durch die Filmgeschichte zu reisen.
Nun, Simon Cinéma ist eine Figur, die das Kino an sich in diesem Film vertritt. Der Gute wird 100 Jahre alt und ist eine Größe im Filmgeschäft - sehr wertvoll. Eine Filmstudentin wird engagiert um ihn mit Erzählungen aus der Vergangenheit des Films zu erheitern und ihn am Leben zu erhalten.
Der Film ist gespickt voll mit Anekdoten und Zitaten - visuell, akustisch und teilweise sogar ein wenig spirituell. Diese Zitate verteilen sich über 100 Jahre Filmgeschichte und es hat ganz den Anschein, als würde das Kino bald sterben. Denn es muss unterhalten werden, es braucht gute Filme, an die man sich noch in 100 Jahren erinnern wird. Aber ob das nun auf "Triple X" zutrifft? Das Kino verreckt langsam aber sicher.
Dieser Film will zum Nachdenken über die heutige Situation anregen. Er will, dass die Zuschauer nachdenken, ob es nicht besser wäre, den Film wieder als Kunstform zu entdecken und nicht bloß als belanglose Berieselung. Er will uns warnen, dass das große Kino schön langsam vergisst. Man muss Simon Cinéma an die alten Dinge erinnern, er weiß sie nicht mehr. Es kommen zwar ständig Besucher wie beispielsweise Gerard Depardieu um ihm wieder Neuigkeiten zu bringen oder mit ihm über alte Filme zu reden - aber das Vergessen drängt sich immer mehr ins Licht. Und das sollte man nicht zulassen.
Im Filmdienst stand ein passender Absatz, der genau auf diesen Film zugeschneidert scheint.
Daher meine Bitte an diejenigen, die sich dem Film verschrieben haben. Egal ob Mainstream oder Underground - es ist wichtig, Simon Cinéma am Leben zu erhalten. Sonst bleibt uns tatsächlich bald nur mehr die Geschichte und die Neuzeit wird an Jackass-Junkies verfüttert.Nicht nur Fassbinder, alle Regisseur seiner Generation tauchen in die Filmgeschichte ein, nicht zuletzt um zu lernen, in welche Formen ihre eigenen Fabeln gegossen werden müssen. Film ist Stoff, Thema und Form zugleich. Vielleicht ist Film vor allem Form? Welche jungen Regisseure kennen heute noch das Kino Melvilles? Antonionis? De Sicas? Ophüls'? Bunuels? Ozus? Und Fassbinders? Fängt Filmgeschichte für viele nicht erst bei Quentin Tarantino an, bestenfalls mit einer Prise Kubrick und Scorsese gewürzt? Sehen neue deutsche Filme nicht oft auch deshalb so beliebig aus, weil die alten höchstens als historische Information zur Kenntnis genommen werden?