Volands Ungleiche Schwestern

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Moderator: Damien3

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Voland
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Volands Ungleiche Schwestern

Beitrag von Voland »

Sind es die russischen Filme der Neuzeit, die diese seltsame Form verfolgen? Schon bei "Das Jahr des Hundes" war ich verwirrt ob der ungewöhnlichen Darstellung eines bestimmten Themas. Ich vermag den Unterschied zu den hiesigen Filmen nicht genau zu beschreiben, aber er ist da. Vielleicht macht auch gerade das den Film aus fernen Gefilden - sei es aus Russland oder sonst einem eher unbekannten Filmland - so interessant. Es ist also die Faszination Exotik, die mich dazu bringt, solche Filme anzusehen.

Gleich zu Beginn baut der Film einen starken Bund zur Realität auf, in dem er die Protagonisten von fremden Ländern sprechen lässt. Das hat zur Folge, dass man sich plötzlich mit dem Film identifizieren kann und ihn irgendwie lokalisiert. Somit hat er zwar einen ähnlichen Stil wie "Das Jahr des Hundes", baut jedoch mehr Bezug zur Realität auf.

Trotz diesem Realitätsbezug bleibt der Film aber künstlerisch ambitioniert. Seine Fotografie ist teilweise stilisiert, die Abläufe lassen Überlegungen in künstlerischer Absicht durchscheinen. Diese Abläufe sind zwar unkonventionell, passen aber in den meisten Fällen. Bloß eine Szene zu Beginn des Films hat mich gestört. Nämlich der schnelle Schnitt nach der Abfahrt vor dem Gefängnis. Der Zuschauer vermutet in der nächsten Szene die Ausfahrt aus dem Gefängnis oder etwas in der Art. Doch der Wagen parkt gerade vor dem Ziel. Das ging so rasant und plötzlich, dass der Zuschauer über diese Szene richtig drüberholpert.
Doch diese Störung des Erzählflusses ist die einzige im ganzen Film. Ansonsten wir der Fluss durchgehend gewahrt.

Wo der Film jedoch stärkere Schwächen aufweise, ist die Gefühlsvermittlung. Er wird weder spannend, noch tragisch - obwohl die Geschichte es eigentlich erfordern würde. Aber der Film bleibt ruhig. Ich mag aber nicht sagen, dass es falsch ist. Denn er weist überhaupt keine Längen auf. Ein nicht gefühlsbetonter Film also, der trotzdem kurzweilig ist und für einen Kunstfilm erstaunlich einfach anzusehen ist.

Den Seitenhieb auf die derzeitige Situation der Deutschen fand ich äußerst amüsant: "Ich geh nach Deutschland. Die Juden werden dort sehr gut behandelt."


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Detlef P.
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Beitrag von Detlef P. »

Ich gebe dir mit fast allen Punkten recht, die du aufgeführt hast.
Aber dem Film die Tragik und Spannung vollkommen abzusprechen finde ich verkehrt.
Was war z. B. mit der Szene, als der Polizist ermordet wurde, hast du da gar nichts gefühlt???


"Willst Du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten." (chin. Sprichwort)

"Die Seele ist das Schiff, Vernunft das Steuer und Wahrheit der Hafen." (türk. Weisheit)

"Der größte Feind des Wissens ist nicht Unwissenheit, sondern die Illusion, wissend zu sein." (Daniel J. Boorstin)

Wenn "2010" die Fortsetzung zu "2001" sein soll, dann ist "Sieben" das Prequel zu "8½". (Ich)

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Voland
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Beitrag von Voland »

Hm, stimmt. Aber das ist eine der wenigen Ausnahmen in dem Film. Für Hollywood-Verhältnisse wäre aber selbst diese Szene aber weiter unterdurchschnittlich tragisch.


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Detlef P.
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Beitrag von Detlef P. »

Wir reden hier ja auch nicht von Hollywood.
Da wäre der Typ in Zeitlupe von einer Brücke gesprungen und im Flug erschossen worden.


"Willst Du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten." (chin. Sprichwort)

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Voland
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Beitrag von Voland »

Ich wollte bloß mit den sonst üblichen Filmen vergleichen. Aber Du hast Recht.

Man hätte dann einen Schnitt gehabt, hätte das Brückengeländer brechen sehen, die Perspektive natürlich von unten, sodass man schön sieht, wie er hinabspringt - als wäre er die Figur auf dem Chiemsee-Label. Und dann, ein Schuss und das Blut spritzt von der Brust weg. Er sackt noch im Flug zusammen und fliegt nach unten. *hihi*


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