(500) Days of Summer

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Detlef P.
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(500) Days of Summer

Beitrag von Detlef P. »

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USA, 2009
Regie: Marc Webb
Darsteller: Joseph Gordon-Levitt, Zooey Deschanel, Geoffrey Arend, Chloe Moretz, Matthew Gray Gubler, Clark Gregg

"Es ist eine ganz spezielle Gattung Film, von der Großmütter noch ihren Urenkeln erzählen und von der es nur alle paar Jahre mal ein Exemplar in die Kinos schafft. Die Rede ist von der originellen romantischen Komödie. Woche für Woche, Monat für Monat regnet es dümmliche Jennifer-Aniston-Streifen (Trennung mit Hindernissen), nervtötende Chick-Flicks (Von Frau zu Frau) und lahme Remakes (The Women), die alle nach ein und demselben Hollywood-Strickmuster entstanden sind. Es ist schon eine kleine Überraschung, dass mit Marc Webb nun ausgerechnet ein Musikvideo-Spezialist daherkommen muss, um mit seinem Spielfilmdebüt „(500) Days Of Summer“ endlich Abhilfe zu schaffen. Die charmant-lustige Liebeskomödie ist der sprichwörtliche Goldtopf am Ende des Rom-Com-Regenbogens – und das, obwohl es in „(500) Days Of Summer“ nur wenig märchenhaft, sondern ungewöhnlich realistisch zugeht.

Tom (Joseph Gordon-Levitt) ist in Summer (Zooey Deschanel) verliebt. Seit sie die Schwelle zur Grußkartenfirma, in der er arbeitet, überschritten hat, ist sich der Möchtegern-Architekt sicher: Summer ist die Frau, mit der er sein restliches Leben verbringen möchte. Doch Toms Traumfrau glaubt weder an die Liebe, noch will sie eine Beziehung führen. Abgesehen von diesem fundamentalen Widerspruch haben Summer und Tom jedoch so viele Gemeinsamkeiten, dass sich aus der Bürobekanntschaft bald eine Freundschaft mit Extras entwickelt. Als Summer die Quasi-Beziehung nach 500 Tagen himmlischer Höhen und traumatischer Tiefen schließlich beendet, ruft sich Tom die prägendsten Momente ihres Zusammenseins immer wieder vor Augen, um herauszufinden, warum sein Happily Everafter ein solch jähes Ende fand…

Junge trifft Mädchen, verliebt sich, verliert sie, versucht sie zurück zu gewinnen. Im Grunde genommen ist die Story von „(500) Days Of Summer“ ebenso simpel wie gewöhnlich. Die Einzigartigkeit der Geschichte aus der Feder von Scott Neustadter und Michael H. Weber (Der rosarote Panther) steckt eben im Detail. Das Duo peppt die 08/15-Story durch eine außergewöhnlichen Erzählweise auf. Ohne ersichtliche Reihenfolge springt die Geschichte in den 500 Tagen hin und her - angefangen bei Tag 488. Dieser erfrischende Schnappschuss-Charakter wird durch den hervorragenden Soundtrack noch unterstrichen. Ob Regina Spektor, Wolfmother, The Smiths, Carla Bruni oder gar Patrick Swayze – die Musik passt immer haargenau zum Moment. Dank Webbs Erfahrung als Regisseur von Musikvideos für so unterschiedliche Künstler wie My Chemical Romance und Miley Cirus ist die Perfektion der Symbiose von Szenen und Songs in „(500) Days Of Summer“ kaum noch zu überbieten.

Selbst eine Musical-Einlage findet ihren Platz, wenn Tom nach der ersten Nacht mit Summer euphorisch durch Los Angeles tänzelt und die ganze Stadt mit seinem melodischen Liebestaumel infiziert. Joseph Gordon-Levitt (Brick, G.I. Joe) trifft nicht nur in dieser Sequenz jeden Ton: Seine emotionsgeladene Mimik spricht Bände, während er melodramatische, aufregende und aufreibende Momente einer Freundschaft Revue passieren lässt. Zooey Deschanel (Per Anhalter durch die Galaxis, The Happening) steht ihrem Leinwandpartner schauspielerisch in nichts nach – sie personifiziert das Rätsel „Frau“ und bleibt dementsprechend absolut kryptisch. Summer hat keine Ambitionen, keine Leidenschaften und kein wirkliches Eigenleben – sie ist einzig und allein das Objekt von Toms emotionaler Begierde. Dennoch wäre es wünschenswert, wenn Deschanel demnächst mal eine Rolle spielen dürfte, deren Aufgabe nicht allein darin besteht, Schmetterlinge in die Bäuche des männlichen Publikums zu zaubern.

Eine der besten Szenen zeigt eine Party, zu der Summer Tom nach der Trennung einlädt. Dank einer Split-Screen-Einstellung sieht das Publikum auf der einen Seite die Realität und auf der anderen Toms Wunschvorstellung für den Abend. Während Traum und Wirklichkeit kollidieren, entsteht der spezielle Charme von „(500) Days Of Summer“ irgendwo zwischen Leiden und Lachen. In welcher Stadt der Film spielt, bleibt lange unklar. Chicago hätte es sein können, vielleicht auch Philadelphia – doch es ist tatsächlich Los Angeles! So frisch und gleichzeitig so unglamourös wurde die Stadt der Engel bisher erst selten auf Zelluloid gebannt. So bleibt das einzige, was in „(500) Days Of Summer“ entfernt an L.A. erinnert, die nervige Stimme des Off-Erzählers, die klingt, als wäre sie einem schlechten Trailer entnommen. Ist dieser zweite Sprecher neben Toms dominierender Erzählstimme tatsächlich dazu da, um Genreklischees durch den Kakao zu ziehen? Wenn ja, ist das eine von ganz wenigen Ideen, die in „(500) Days Of Summer“ leider nicht aufgehen.

Fazit: „(500) Days of Summer“ begeistert mit toller Musik, einer innovativen Erzählform inklusive einem Hauch Suspense, neuen Perspektiven auf Los Angeles und zwei hervorragenden Hauptdarstellern. So ungern man sich persönlich auch an die Wochen und Monate nach einer Trennung erinnert - diesen Trip Down Memory Lane sollte sich wirklich niemand entgehen lassen. " (www.filmstarts.de)

Dienstag habe ich ihn nun endlich gesehen. DEN BESTEN KINOFILM DES JAHRES!!!!!!!!!
Ihr wisst ja vielleicht mittlerweile, dass ich jedes Jahr einen "MUST Must See-Film" habe, von dem ich schon Monate vorher schwärme und wo ich es gar nicht erwarten kann ihn endlich sehen zu dürfen. Und bisher habe ich auch eigentlich immer richtig gelegen mit meiner Prognose.
Dieses Jahr hatte ich allerdings irgendwie fast ein bisschen Sorge.
Nicht wegen dem Film selbst, sondern weil das Kinojahr bisher lediglich sehr gut, aber nicht herausragend war. Ich habe ernsthaft viele gute, ja sogar sehr gute Filme in diesem Jahr im Kino gesehen. Aber bisher war noch kein Film dabei, der für mich 100%ig ins Schwarze getroffen hat. Eastwood hat zwei großartige Filme gemacht, Tarantino den besten und geilsten Streifen seit 15 Jahren und das "Star Trek"-Sequel/Prequel/Reboot von J.J. war Gold wert, aber doch hat es keiner der Filme geschafft mich richtig mit Haut und Haaren zu packen und mit meinen Gefühlen Klavier zu spielen. Will sagen sonst gab es immer mehrere Filme pro Jahr die das geschafft haben. Bis Dienstag gab es für mich in diesem Jahr keinen. Und da hatte ich halt schon ein bisschen Angst, dass Weihnachten dieses Jahr ausfallen würde. Tja, aber das Beste kommt eben doch immer zum Schluss.

Ihr kennt bestimmt dieses Gefühl, wenn man einen Film sieht und denkt: "Dieser Film beschreibt genau mein Leben, meine Gefühlswelt und verarbeitet meine Erfahrungen. Die haben bestimmt in meinen Kopf reingeguckt."
Und genau so ging es mir gestern (endlich) wieder bei "(500) Days of Summer".
Schon alleine der Titel an sich ist wünderschön und reinste Poesie. Er ist auch sehr vieldeutig, wenn man weiß, dass die weibliche Hauptfigur im Film Summer heißt.
Aber wenn man dann in diesen Film eintaucht, spürt man sofort, dass hier ein eigentlich schwieriges und im Grunde genommen auch ausgelutschtes Thema so großartig und mit leichter und fantasievoller Hand umgesetzt wurde, dass man beinahe das Gefühl hat man sehe so einen Film zum allerersten Mal.
Und dazu seziert der Film auf eine wunderbare tragikomische Weise das Seelenleben eines Mannes, der glaubt die Richtige gefunden zu haben, er aber damit Schwierigkeiten hat, da sie nicht an die wahre Liebe glaubt. Es wird alles abgehandelt, das erste Kennenlernen, der erste Kuss, der erste Sex, das Wohnungseinrichtung-Kaufen bei Ikea usw.
Brilliant wird der Film allerdings immer dann, wenn er auf die Gefühlsebene geht und Tom denkt, dass er jetzt bei Summer gepunktet hat. Besonders die Szene auf dem Bett mit all den kleinen Details aus ihrem Leben und dem anschließenden Satz, den soviele Männer so gerne hören: "Das habe ich noch nie jemandem erzählt.", der eine unglaubliche Vertrautheit offenbart ist besonders gelungen, weil er so wahr ist.

Der Film thematisiert erfolgreich die Frage, ob es irgendwann eine unausgesprochene "Verbindung" in einer Freundschaft/Beziehung gibt, obwohl von vornherein von einem Partner (hier der Frau) klargemacht wurde, dass es keine feste Bindung geben wird.
Und dies macht der Film mit so vielen tollen Regieeinfällen, dass der Film beinahe überläuft vor Anspielungen, Parodien und Zitaten. Viele haben den Film bereits, auf Grund der Umsetzung, als "Stadtneurotiker" der heutigen Generation bezeichnet. Und ich muss mich da anschließen. Was ich hier gesehen habe war ganz großes Kino und steht dem Meisterwerk von Woody Allen an Einfällen, Kreativität und Qualität fast in Nichts nach.
Zwischendurch parodiert und verneigt sich der Film gleichzeitig auch noch mal ganz nebenbei vor dem Arthaus-Kino, indem er Klassiker von Ingmar Bergman (Woody lässt grüßen) zitiert, dies jedoch passend in den Filmfluss eingebettet.
Überhaupt hatte ich das Gefühl, dass der Film an vielen Stellen mit Erwartungen und Klischees spielt und somit das "Romantic Comedy"-Genre im Alleingang neu erfindet und zeigt, dass es dort auch Filme von überragender Qualität geben kann.

Bei all den Lobeshymnen für den Film, das Drehbuch und die Regie bin ich bisher noch gar nicht dazu gekommen von den großartigen Darstellern zu schwärmen.
Joseph Gordon-Levitt hat bei mir seit "Brick" ja sowieso ein Stein im Brett. Aber was er hier geleistet hat war überirdisch. Jeder Gesichtsausdruck und jede verdammte kleine Nuance hat verdammte Bände gesprochen. Ich denke tatsächlich, dass diese Rolle sein "Joker" gewesen ist - im wahrsten Sinne des Wortes.
Zooey Deschanel in ihrer verdammten süßen und unbescholtenen Art muss man einfach lieben. Sie springt so herrlich schnell von Unschuldslamm zum unberechenbaren Mysterium Frau um, dass man mit dem Gucken kaum hinterher kommt.
Großartige Nebendarsteller, besonders Chloe Moretz als Toms (alt)kluge kleine Schwester Rachel, erinnerte mich nicht nur vom Aussehen an Abigail Breslin, sondern auch vom herausragenden Spiel.

Und zuletzt leistet auch die grandiose Soundtrack-Auswahl ihren Beitrag und bingt von "She´s like the Wind" über "Here goes the Fear" bis hin zu "Sweet Disposition" (welcher schon im ebenfalls überragenden Trailer gespielt wurde) immer geniale, zur Situation passende Songs, die die Besonderheit des Films kongenial unterstreichen.

Für mich auf immer und ewig DAS Meisterwerk und Kinoereignis 2009.


"Willst Du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten." (chin. Sprichwort)

"Die Seele ist das Schiff, Vernunft das Steuer und Wahrheit der Hafen." (türk. Weisheit)

"Der größte Feind des Wissens ist nicht Unwissenheit, sondern die Illusion, wissend zu sein." (Daniel J. Boorstin)

Wenn "2010" die Fortsetzung zu "2001" sein soll, dann ist "Sieben" das Prequel zu "8½". (Ich)

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Damien3
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Beitrag von Damien3 »

Wow, herzlichen Glückwunsch!
Tolle Review!
Ich hatte den Film auch schon länger im Visier.
Ist schon komisch das eine Dame wie Deschanel in Streifen wie The Happening von allen verschrien wird und beim näcsten Film gleich so einen Volltreffer landen kann....
Ich werde ihn mir auf jeden Fall ansehen!


"Ich habe sie den ganzen Abend von dahinten beobachtet...sie sind ein sehr attrativer Mann"
"Warum gehen sie nicht in die Ecke zurück und schauen weiter?"
Kevin Costner..coole Sau.
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Detlef P.
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Beitrag von Detlef P. »

Vielen Dank :beer:
Ich hatte tatsächlich für einen Moment überlegt, mein Geschriebenes bei den Eigenen Kritiken zu posten.
Es freut mich, dass Dir die Review gefällt. Ich hoffe, dass der Film Dir ebenso gefallen wird.


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Murillo
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Re: (500) Days of Summer

Beitrag von Murillo »

Ja, der Film war ziemlich gut.
Die Kritik passt auch ganz gut dazu.
Kann dem eigentlich kaum etwas hinzufügen.

Vielleicht sollte ich mir den Film irgendwann nochmal ansehen.


"Wenn etwas klappt, ist es meistens nur Glück. Deshalb sollte man nie zuviel Ahnung von einer Sache haben" (alte japanische Programmiererweisheit)

Neulich im Waschsalon:
"Nachdem mir bereits "Network" sehr gut gefallen hat, gewinne ich langsam wirklich Respekt vor Sidney Lumet."
"Du unnützer nichtsbringender mittzwanziger Fliegenschiss bekommst "langsam" Respekt vor Sidney Lumet?"
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