Menu total

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Detlef P.
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Menu total

Beitrag von Detlef P. »

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BRD, 1986
Regie: Christoph Schlingensief
Darsteller: Helge Schneider, Alfred Edel, Anna Fechter, Volker Bertzky, Dietrich Kuhlbrodt

"Eine deutsche Familiengeschichte: Die Eltern tragen Nazi-Uniformen und tanzen Polonaise. Der Sohn terrorisiert seine Frau und den schwulen Enkel "Kid Joe", gespielt von Helge Schneider. Dazwischen eine Horde Zombies. Die lebenden Toten treffen auf die Wiedergänger der deutschen Geschichte. - "Menu total" begründete 1986 den Ruf Christoph Schlingensiefs als Enfant terrible.
Christoph Schlingensief, in Personalunion Regisseur, Autor und Kameramann, nimmt in der Geschichte den Zuschauer mit auf einen wilden Parforce-Ritt durch einen surrealen Alptraum, der provokant und komisch ist. In nur zwölf Tagen in der Nähe von Mülheim im Ruhrpott gedreht, nutzt der Film den desolaten Look verlassener Kohlezechen und verfallener Gebäude für einen tabulosen Zitatereigen, der sich beim Bildfundus zweit- und drittklassiger Exploitationfilme ebenso bedient wie bei der Ästhetik des deutschen Expressionismus. Schlingensief bezeichnete "Menu total" selbst als einen seiner besten und persönlichsten Filme, in dem er fast therapeuthisch seine inneren Abgründe beschrieben habe.

Sein Trash-Menu mit Horror-, Krimi- und Slapstickzutaten, untermalt mit einem Jazz-Soundtrack von Helge Schneider, verweigert sich den Erzählkonventionen und schmeckt nicht jedem: "Menu total" ist ein Film, der bestenfalls affektiv betrachtet werden, weil er keiner kontinuierlichen Narration folgt. Er erwies sich 1986 als schwer verdaulich und wurde im Forum des jungen deutschen Films bei der 36. Berlinale zum Skandal." (http://www.3sat.de)

Unglaublich!
Was für ein irrer, abgedrehter aber unglaublich geiler Film.
Dieses Menu ist nicht großer Sicherheit nicht nach jedermanns Geschmack, aber für mich ist es ein Film gewesen, der in gewisser Hinsicht bitter nötig gewesen ist.
Schlingensief folgt hier - beinahe ähnlich wie Lynch - der Alptraumlogik und konfrontiert sein Publikum (zumindest das Publikum was am Ende noch übrig geblieben ist) mit provokanten, erschreckenden, skurrilen und extrem assoziativen Bildern.
Ich habe vor Schlingensiefs Tod vor einigen Monaten eigentlich nur vom Namen her seine Filme gekannt und gewusst, dass er selbst extrem umstritten sein soll.
Nach seinem Tod habe ich einige Interviews mit ihm gesehen und festgestellt, dass ich seine Ansichten in vielen Punkten unheimlich faszinierend finde.
Danach habe ich erst meine ersten beiden Filme mit ihm gesehen.
Mein erster war "Egomania" mit Udo Kier und Tilda Swinton(!) mit der er zum damaligen Zeitpunkt übrigens zusammen war(!!!) und mein zweiter war halt "Menu total".
Sein Storys die er über sich und Udo Kier während der Dreharbeiten zu "Egomania" geschildert hat haben mich übrigens fast ein bisschen an das allseits beliebte Kinski/Herzog-Couple erinnert :mrgreen:
Aber was mich echt interessiert hat war eine Geschichte die er noch zu "Menu total" erzählt hat.
Er hat seine Art der Vergangenheitsbewältigung mit der eines lateinamerikanischen Stammes verglichen, die ebenfalls zur Vergangenheitsbewältigung der französischen Kolonialzeit einmal im Jahr in den Wald geht und da in voller Montur die Kolonialzeit nachspielt. Dabei sollen die sich richtig heiß machen und sich so in Rage bringen bis sie mit Schaum vor´m Mund irre durch die Gegend laufen und am Ende sogar noch einen Hund abschlachten.
Und darüber gibt es laut Schlingensief einen Dokumentarfilm der sogar bis 1972 in Frankreich verboten war.
Und der Film würde mich auch mal sehr interessieren.
Und auf Schlingensiefs weitere Filme bin ich ebenfalls unglaublich gespannt.


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