
F, 1994
Regie: André Téchiné
Darsteller: Gaël Morel, Stéphane Rideau, Élodie Bouchez, Frédéric Borny, Michèle Moretti, Jacques Nolot, Eric Kreikenmayer
"Für die Arte-Reihe "Tous les garcons et les filles de leur age" inszenierten neun französische Filmemacher Szenen ihrer Jugend von den frühen sechziger Jahren bis zu den Neunzigern. Vier Folgen wurden auch als längere Kino-Versionen realisiert, unter ihnen "Wilde Herzen" von Andre Techine ("Meine liebste Jahreszeit"), der seine Jugend in der Zeit des Algerien-Krieges erlebte.
Die Jungen und Mädchen Techines bewegen sich seltsam sicher in den unübersichtlichen Strudeln von Anziehung und ersten sexuellen Erlebnissen; von politischen Positionen; von Tod, Trauer und Schuld. Spröde, unprätentiös und unerwartet, so wie Maite auf eine schockierende Enthüllung ihres Freundes reagiert: "Was zwischen uns ist, zählt." Techines fesselt nicht mit ausgereizter Dramatik, sondern verzaubert mit leiser Hingabe an reifenden Figuren, an die Schönheiten der Landschaft und des Lichts. Sein eleganter Stil, das wundervolle Schimmern in der auflösenden, Überraschungen bergenden Flußszene am Ende lohnen die aufgebrachte Geduld." (www.fimtabs.de)
"Wilde Herzen" war früher eine Filmreihe in der ARD, wo neue Werke von damals jungen und vielversprechenden deutschen Regisseuren wie Sönke Wortmann, Detlev Buck und anderen ihre Fernseh-Premiere feierten.
Umso verwunderter war ich, als ich bereits vor vielen Jahren von dem französischen Jugenddrama gleichen Namens hörte. Nun habe ich es endlich gesehen.
Der Titel jedoch kann irre führen. Was klingt wie eine schlechte Rosamunde Pilcher-Verfilmung ist in Wirklichkeit einer der schönsten, authentischsten, prickelnsten, geradlinigsten und aufgeräumtesten Jugendfilme die ich seit langer, langer Zeit gesehen habe.
Die Figuren in André Téchinés Meisterstück besitzen soviel Niveau, Courage und Persönlichkeit - und das obwohl sie gerade in der unsichersten Phase ihres Lebens sind: Der Jugend. Und obwohl niemand von ihnen genau weiß, was er oder sie später überhaupt einmal mit dem einen gegebenen Leben anfangen möchte. Dies wird jedoch in der typischen französischen Leichtigkeit mit enorm talentierten Jungdarstellern präsentiert.
Der Film ist wie eine Momentaufnahme die eine menschliche und eine geschichtliche Zeitperiode eines Landes einfängt in der die Orientierungslosigkeit wohl mit am Höchsten überhaupt gewesen ist.
Daher ist es nur absolut richtig und konsequent gewesen den Film nicht mit einem beispielhaftem Parade-Lösungs-Happy End enden zu lassen.
Der Film endet einfach! Er endet nicht im Nichts, ist also abgeschlossen. Aber er endet ohne eine allgemeingültige Lösung zu präsentieren. Jeder muss seinen Weg im Leben selber finden.
Man könnte jetzt natürlich argumentieren, dass der Film einem dann ja gar nichts bringen würde.
Und da kann ich nur eine der vielen genialen Stellen im Film zitieren:
"Warum muss uns denn immer alles irgendetwas bringen? Was bringt uns das Leben denn am Ende?"
Und allein in diesem Satz steckt mehr Weisheit als in vielen pseudophilosophischen Abhandlungen dieser Welt.