Naked Lunch

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Fabian
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Naked Lunch

Beitrag von Fabian »

Naked Lunch

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Der "Verbindungsoffizier" (links im Bild)

Originaltitel: Naked Lunch, Kan./GB 1991
Regie: David Cronenberg
Darsteller: Peter Weller, Judy Davis, Ian Holm, Julian Sands, Roy Scheider

"Im New York des Jahres 1953 fristet der Kammerjäger Bill Lee (Peter Weller) mit seiner Frau Joan (Judy Davis) eine armselige Existenz. Nacheinander werden sie süchtig nach dem Pulver aus Bills Insektenbekämpfungstornister (das Insektengift steht im Film als Metapher für Heroin, von dem Burroughs abhängig war). Unter dem Einfluß der Droge erscheint ihm ein gigantischer sprechender Käfer, der sich als sein Spionagechef ausgibt. Die Insektenmutation beauftragt ihn mit der Ermordung seiner Frau Joan, die angeblich einem feindlichen Spionagering angehört. Eher beiläufig setzt er den Befehl in die Tat um. "Es ist Zeit für die Wilhelm-Tell-Routine", sagt er zu seiner Frau, sie stellt sich ein Glas auf den Kopf, er schießt und trifft sie mitten in die Stirn 8auf die gleiche Weise tötete der reale Burroughs seine Ehefrau Joan Vollmer).

Die restlichen zwei Drittel des Films spielen in Interzone, einem geographisch nicht existierenden Ort, in den sich Bill im Drogenwahn hineinfantasiert. Hier leben Schwule, Bisexuelle und sogenannte "Mugwumps", bedrohliche Boten aus Bills schizoidem Unterbewußtsein. Die skurrilen Kreaturen sind fleischgewordene Sinnbilder von Bills uneingestandener Homosexualität. So haben einige der Mugwumps phallusähnliche Auswüchse am Kopf, aus denen eine spermaähnliche Flüssigkeit tropft. Und überall locken die Araberjungen...

In "höherem"Auftrag beginnt Bill mit der Niederschrift seines Protokolls über Joans Ermordung. Wie besessen (oder programmiert) hämmert er auf seine Schreibmaschine ein, die fortwährend ihre Gestalt verändert: Mal ist sie ein sprechendes Insekt mit Tastatur zwischen den Greifzangen, mal ein abgetrennter Mugwump-Kopf mit glühenden Leuchtaugen. Weil es in Interzone von Verschwörern wimmelt, muß Bill seine Identität geheimhalten. "Homosexualität ist die beste Tarnung, die es in Interzone für eine Geheimagenten gibt", rät ihm der Insektomat.

Im Delirium einer weiteren Droge steigert sich Bill in immer diffusere Bewußtseinszustände. Er trifft seine Frau, die Joan zum Verwechseln ähnlich sieht. Er bekommt Besuche von seinen Freunden Martin und Hank (gemeint sind Burroughs befreundete Dichterkollegen Allan Ginsberg und Jack Kerouc), die ihn auffordern "sein Buch zu vollenden" - Bill kann sich nicht erinnern, je mit dem Schreiben eines Buchs begonnen zu haben. Ist er der Autor oder sind es die Drogen?

Cronenbergs "Naked Lunch" ist keine lineare Verfilmung des Romans, sonder eine visionäre Beschreibung über dessen Entstehungsprozeß. Der Film versteht sich als Hommage für das erzählerische Schaffen des William Burroughs, der Cronenberg mehr als alle anderen Autoren beeinflußte. Dennoch ist "Naked Lunch" weit entfernt von einer bloßen Glorifizierung eines großen Idols. Im wesentlichen geht es um die Obsession des Künstlers, der zum Gefangenen seiner selbstgeschaffenen Traumwelt wird, die ihm zur täglichen Verdrängung des Tötungstraumas seiner Frau dient. Auf einer zweiten Ebene wird der Film zur klinischen Fallstudie einer verdrängten Homosexualität, die Burroughs selbst indirekt als Krankheit bezeichnete, indem er den Gedanken äußerte, es sei möglich von ihr geheilt zu werden."

(Quelle: http://www.davidcronenberg.de/92cinemalunch.html)
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Naked Lunch galt eigentlich als unverfilmbar. Cronenbergs Versuch hat mir eigentlich sehr gut gefallen, auch wenn er meiner Meinung nach gelegentlich zur Vereinfachung des Stoffes neigt. Es ist allerdings sinnvoll sich zuvor ein wenig mit Burroughs zu beschäftigen, der seine Frau Joan Vollmer (in Wilhelm Tell-Manier) erschoss und das Schreiben als eine Art der Therapie entdeckte. Interzone stellt wohl Burroughs Wahlheimat Tangier da. Die Romanvorlage wie auch der Film sind bei Kritikern sehr umstritten: Für die einen ist Naked Lunch Weltliteratur, für die anderen ist es bloß abgehobener Schwachsinn.

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Detlef P.
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Beitrag von Detlef P. »

Als ich mir den Film letztens angesehen habe, konnte ich mit ihm eigentlich überhaupt nichts anfangen.
Jetzt ist mir der Film um einiges klarer.
Allerdings hat er mir trotzdem nicht so gut gefallen.


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