Amarcord

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Voland
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Amarcord

Beitrag von Voland »

Amarcord
Italien/Frankreich, 1973

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Regisseur: Federico Fellini
Kamera: Giuseppe Rotunno
Musik: Nino Rota

Darsteller: Magali Noël (Gradisca), Bruno Zanin (Titta), Armando Brancia (Tittas Vater), Pupella Maggio (Tittas Mutter), Giuseppe Ianigro (Tittas Großvater), Nando Orfei (Pataca), Ciccio Ingrassia (Onkel Teo)

Fellini erinnert sich an seine Jugendzeit in Rimini und zeichnet eine von einfachen Menschen, Käuzen und Originalen belebte Provinzlandschaft, wobei er auch psychische und politische Bedingtheiten der 30er Jahre einbezieht. Der Film ist kein objektiver Bericht, sondern ein durch Erinnerungen verändertes und verwandeltes Zeitbild, in dem der Satiriker Fellini seiner Phantasie und Vorliebe fürs Groteske freien Lauf läßt - eine bildmächtige Schau des vielfältigen, abgrundtief häßlichen wie unendlich schönen Lebens.

Quellen:
http://tvspielfilm.msn.de/
http://www.filmdienst.de


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FrankBooth
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Beitrag von FrankBooth »

Einer der schönsten Fellinis. Prall gefüllte Liebeserklärung an seine Heimatstadt Rimini voller autobiografischer Elemente - es war toll, die Parallelen zu Fellinis wirklichem Leben erkennen zu können, schrieb einst eine Biografie über ihn, ein Schulreferat. Ich weiß nicht, was mich am meisten faszinierte, begeisterte .. Onkel Teo, der auf einem Baum sitzend "Ich will eine Frau" schreit? Das Schiff? Die vollbusige Tabasverkäuferin? Die Verlockung in rot, Verkörperung aller (feuchten) 'Jungsträume' der Jugend Riminis? etc. etc. - "Amarcord" ist so reich an Ideen, Details und originellen Einfällen, dass er beinahe zu platzen droht. Einfach ein wunderbarer Film, vielleicht der "fellinesk´ste" Fellini von allen, d.h. einer, in dem einfach alles vorhanden ist, was in einen echten Fellini hineingehört.


"Es gibt keine Grenzen. Nicht für den Gedanken, nicht für die Gefühle. Die Angst setzt die Grenzen." Ingmar Bergman

"Gesichter sind die Lesebücher des Lebens." Federico Fellini
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Voland
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Beitrag von Voland »

Oh, hier hat ja sonst noch keiner was geschrieben. Danke "Frank", wusste doch, dass man sich auf Dich verlassen kann ;-)

Übrigens stimmt es, was Du sagst. "Amarcord" ist sicher nicht Fellinis bekanntester Film, aber ich halte ihn auch für sein persönlichstes Werk. Ähnlich ist hier wohl nur noch "Roma", dass ja auch den "jungen Fellini" zeigt.

Bei solchen Filmen gibt es bestimmte Dinge, die einfach immer hängenbleiben. Man wird durch alltägliche Situationen ständig daran erinnert - und jetzt sag mir, bei welchem Hollywoodfilm das vorkommt.
Diese Filme sind bloße Erzählungen (übrigens mein liebstes Filmgenre). Sie sind so wie das Leben, traurig, komisch, spannend, eklig,... Und so bleiben sie wie eigene Erlebnisse haften und lassen zu, dass man sie annimmt.

Bei "Kurzgeschnitten" gibt es einen Bruder, der ständig schreit, nicht leise sprechen kann. Immer wenn jemand schreit, taucht die Erinnerung an diesen Bruder auf.

"Sie küssten und sie schlugen ihn" beinhaltet diese berühmte Szene vom Sportunterricht in Paris. Die Jungen, die nach und nach aus der Schlange der Läufer ausbrechen und letztendlich den Lehrer alleine vorne laufen lassen. Wie oft musste ich beim Heer daran denken, als wir gelaufen sind - der Ausbildner stur vorne, kein Blick zurück.

Und dann gibt es eben noch "Amarcord". Hier wird das Kleinstadtleben hervorragend in all ihren Facetten gezeigt. Und jetzt habe ich vor lauter Ausschweifungen und Ablenkungen doch tatsächlich den Faden verloren.
Dieses Kleinstadtleben ist lebendig, es ist real. Denn wenn man selbst an so einem Ort aufgewachsen ist und darauf achtet, beobachtet, was da alles geschieht - die Realität ist fellinesk!


FrankBooth
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Beitrag von FrankBooth »

Die Realität ist fellinesk? Nun, natürlich verarbeitete Fellini Ereignisse, Stationen seines Lebens, seiner Jugend - doch ich denke wohl, dass er diese genug verfremdete, um daraus ein 'Fellineskum' (oh, ich glaube, den Begriff gibt´s gar nicht - naja, ich denke, du weißt, was ich meine - jetzt gibt´s ihn) zu machen. Ich rede von dieser ganz bestimmten Künstlichkeit, die 'fellinesk' genannt wird .. in Kusturicas "Underground" fand ich viel davon wieder, ging es dir auch so? Das entspricht aber sicherlich nicht der Realität. Obwohl .. es gab schon Situationen meines Lebens, in denen ich mich durchaus daran erinnert fühlte.

"Roma" ist natürlich auch so ein Film. Während "Amarcord" aber noch immer feste Charaktere hat, um die er sich 'kümmert', war "Roma" doch, soweit ich mich erinnern kann, eine recht lose zusammengeknüpfte Aneinanderreihung von kleinen 'Episödchen' rund um Fellini´s geliebtes Rom - eine toller, als die andere .. in Tulio Kezich´s biografischem Buch über Fellini und seine Filme fand ich viel davon wieder - bzw. fand ich ihm Film viel von dem wieder, was ich gelesen hatte, sah "Roma" erst später ..


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Voland
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Beitrag von Voland »

Tulio Kezich? Was ist mir denn da entgangen? Gut, das Buch? Ich kenne bisher nur seine Autobiographie - und dann noch einige kleine Artikel bzw. Kurzbiographien in meinen diversen Filmbüchern.

"Roma" ist wohl eher auf seine Jugend bzw. seine Zeit als junger Mann bezogen, wohingegen "Amarcord" seine Kindheit behandelt. "Roma" ist als Episodenfilm aufgebaut, aber das sind Biographien nun mal. ;-)

Die Realität halte ich für fellinesk, oder besser gesagt halte ich Fellini als Sammler skurriler Situationen. Aber sie alle können real sein, wirken wie aus dem Leben gegriffen. Vor allem entgegen der ganzen Heldensagen aus Übersee. Natürlich ist der Alltag nicht so vollgestopft mit Skurrilität, aber Filme sind ja auch kürzer und haben dicht gedrängtere Informationen und Inhalte.

Das mit Kusturica hast Du richtig erkannt. Vor allem bei "Schwarze Katze, weißer Kater" kommt dieser Fellini-Touch (den man auch schon bei "Underground" spüren konnte) sehr zur Geltung. Er wird von den ganzen Zeitungsheinis aus gerne Balkan-Fellini genannt. Das wiederum tue ich gelegentlich leider auch - ich mag es eigentlich nicht, Kusturica als Nachmacher zu bezeichnen.
Tornatore ist das Fellini-Imitat, nicht Kusturica. Kusturica hat nur den gleichen Stil, er kopiert nicht. Das sieht man an der Entwicklung in seinem Werk. Er hat selbst diese Welt aus Zigeunern und Kleingaunern aufgebaut - und nicht von Beginn an dreist kopiert wie Tornatore.

Heute sah ich übrigens eine Vorschau zu "Underground" - habe meine aufgenommenen Filme zusammengeschnitten. Herrlich, diese Szenen. Die beiden wurden mit den Blues Brothers verglichen, fand ich recht witzig. Es stimmt auch in gewisser Weise. Man bekommt wieder richtig Lust auf den Film :-)


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